«An American Crime» von Tommy O’Haver

Ellen Page in «An American Crime»

Manche Verbrechen sind schlicht unvorstellbar. Im Sommer 1965 wurden der mehrfachen Mutter Gertrude Baniszewski die beiden 16 und 15 Jahre alten Mädchen Sylvia und Jenny Likens in Obhut gegeben. Am 21. Oktober starb das ältere Mädchen an den Folgen von wiederholten Misshandlungen. Die Todesursache war ein Schlag auf den Kopf, doch der Körper von Sylvia war auch unterernährt und wies 150 Verbrennungen, Prellungen, Schnitte und Verbrühungen auf. Zudem waren die Wörter «I’m a prostitute and proud of it» in ihren Bauch geritzt.

Für die Folter verantwortlich waren nicht nur die überforderte Pflegemutter und ihre Kinder, sondern auch Personen aus der Nachbarschaft. Gertrude Baniszewski wurde wegen vorsätzlichem Mord mit 18 Jahren Gefängnis bestraft. Ihre älteste Tochter wurde wegen Mord mit bedingtem Vorsatz verurteilt, drei weitere Täter wegen Totschlag. Dieser schreckliche Fall wird im aufrüttelnden Drama «An American Crime» geschildert. Alle Aussagen vor Gericht stammen aus den Verhandlungsprotokollen.

«An American Crime»In den Hauptrollen glänzen die meist verstörend passiv leidende Ellen Page («Juno») und die unheimlich einschüchternde Catherine Keener («Into the Wild»). Der Film ist jedoch nicht zuletzt wegen der nüchternen Schilderung der Ereignisse erschreckend, durch die die scheinbare Ausweglosigkeit der Situation beinahe nachvollziehbar wird. Anstatt auf schockierende Effekte und Bilder setzt Regisseur Tommy O’Haver auf die einfühlsame Darstellung seiner Schauspieler. So bringt er ein eindringliches Charakterdrama auf die Leinwand.

Die sachliche Erzählweise wird erst am Ende durchbrochen. O’Haver, der zuvor die Teenie-Komödie «Get Over It» und die Märchen-Parodie «Ella Enchanted» inszeniert hat, bedient sich dann nämlich auch erzählerischer Tricks, die den verunsichernden Eindruck noch zusätzlich verstärken. Ein paar Aussagen von O’Haver über den Film wären willkommen gewesen, aber die DVD muss ohne Bonusmaterial auskommen. Mehr Hintergrundangaben sind einem Artikel auf «The New York Times» zu entnehmen.

Film: 5 Sterne
Bild-/Tonqualität: 4 Sterne
Bonusmaterial:
0 Sterne

(Bild: ©Capelight)

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