«Coraline» von Henry Selick

«Coraline» von Henry Selick

They say even the proudest spirit can be broken… with love.

Eintauchen in Traumwelten ist das Motto bei den Filmen von Henry Selick. Das war schon in «The Nightmare Before Christmas» so, trifft ebenfalls auf «James and the Giant Peach» und «Monkeybone» zu und gilt auch ganz besonders für «Coraline». Ein weiteres verbindendes Element: die Hauptfiguren entdecken in den Werken von Stop-Motion-Magier Selick erschreckend schöne alternative Welten.

Das Mädchen Coraline (Stimme von Dakota Fanning) zieht mit ihren Eltern Mel (Teri Hatcher) und Charlie (John Hodgman) in ein abgeschiedenes Mehrfamilienhaus, die Pink Palace Apartments. Dort wohnen auch die ehemaligen Schauspielerinnen Miss Spink (Jennifer Saunders) und Miss Forcible (Dawn French) und der russische Akrobat Mr. Bobinsky (Ian McShane). Da die Eltern die ganze Zeit beschäftigt sind, erforscht Coraline die Umgebung. Dort trifft sie allerdings auf den nervigen Jungen Wyborne (Robert Bailey Jr.), der sich nur mühsam abschütteln lässt.

Da zieht es Coraline vor, die neue Wohnung auszukundschaften. Im Wohnzimmer entdeckt sie eine seltsame kleine Tür. Nachdem die Mutter den Schlüssel gefunden hat, findet sich dahinter aber lediglich eine Mauer. Erst in der Nacht, als Coraline von ein paar Mäusen geweckt wird und ihnen folgt, entdeckt sie hinter der Tür einen röhrenartigen Gang. Auf der anderen Seite trifft sie auf Doppelgänger ihrer Eltern, die viel netter und aufmerksamer sind. Als Augen haben sie jedoch Knöpfe. Als Coraline aufwacht, ist sie wieder in ihrer eigenen Welt.

Dabei würde Coraline doch so gerne für immer in der anderen Welt bleiben, wo die Eltern Zeit für sie haben, sie wunderbar bekochen und die Nachbarn fantastische Geschichten erzählen. Bei einem weiteren Besuch in der Parallelwelt macht die andere Mutter den Vorschlag, dass Coraline dort bleiben darf. Sie knüpft die Einladung allerdings an eine Bedingung: Coraline muss sich anstelle ihrer Augen ebenfalls Knöpfe aufnähen lassen. Das geht dem Mädchen dann aber schon ein wenig zu weit. Nur kann sie überhaupt noch in ihre eigene Welt zurückkehren?

«Coraline» von Henry Selick

Wenn Coraline durch die Röhre in die «andere» Welt kriecht, dann geht der Gedanke sofort zu Alice im Wunderland. Die Abenteuer von Coraline sind allerdings um einiges unheimlicher und verstörender als die surrealen Träumereien von Alice. Im Vergleich zu den blutigen Märchen der Brüder Grimm ist die Geschichte von Neil Gaiman aber dennoch ziemlich harmlos. Einfach ungeheuer verlockend und angenehm furchteinflössend wie «The Nightmare Before Christmas».

Die Welt auf der anderen Seite des Tunnels entspricht zwar der Wunschvorstellung von Coraline. Doch wie die Filmemacher schon mit dem alten Sprichwort «be careful what you wish for» warnen, soll man aufpassen, was man sich wünscht. Den hinter der wunderbaren Fassade verbergen sich vielleicht Abgründe, die gar nicht so ungefährlich sind. Passend dazu wartet die schwarze Katze von Wyborne, die in der realen Welt – wie es sich gehört – noch ganz stumm ist, in der Parallelwelt mit weisen Ratschlägen und Warnungen auf: «You probably think this world is a dream come true… but you’re wrong.»

Regisseur und Drehbuchautor Henry Selick hat die Geschichte technisch erstklassig mit viel verzückenden Bildern umgesetzt. Wer sich an seinen bisherigen Werken erfreut hat, wird auch «Coraline» von der ersten bis zur letzten Minute schwelgerisch in sich aufsaugen. Einzig der erzählerische Schwung wird durch die ausufernden Fantasiewelten bisweilen ein wenig gar stark gebremst. Doch dafür entschädigt das verzaubernde visuelle Spektakel allemal.

Noch einige Bemerkungen zur 3D-Version. «Coraline» ist der erste Film, den ich in der neuen Technologie gesehen habe. Selick verwendet die 3D-Technologie sehr zurückhaltend, setzt sie aber sehr effektvoll ein. Durch die 3D-Technologie verleiht er vor allem den Kulissen einzigartige Strukturen, die eine überwältigende Räumlichkeit erhalten. In der Schweiz sind allerdings leider fast nur synchronisierte 3D-Versionen im Einsatz. Wer den Spass also in seiner vollen audiovisuellen Pracht geniessen möchte, sieht ihn sich so schnell wie möglich im Kino Metropol in Zürich an!

Fazit: «Coraline» ist ein fesselndes Schauermärchen, das besonders durch seine pure, unbändige Fantasierlust entzückt.

Bewertung: 5 Sterne

(Bilder: ©Universal)

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