«Source Code» von Duncan Jones

Jake Gyllenhaal in «Source Code»

Some confusion is perfectly normal at this stage, Captain.

Nach dem Film raus aus dem Kino. Aber sich immer noch ein wenig im Universum des Films befinden. Diese positive Nachwirkung eines fesselnden Films hat «Source Code» von Regisseur Duncan Jones («Moon»), in dem eine Figur Nachforschungen in solchen verbleibenden Erinnerungen anstellt. Die wirkungsvolle Inszenierung des Films führt dazu, dass man aus dem Kino kommt und sich ständig fragt, wo wohl die Bombe versteckt ist. Die explodiert in «Source Code» in einem Zug nach Chicago und ein Soldat wird auf eine ungewöhnliche Mission geschickt, um ein weiteres Attentat zu verhindern.

Leicht verwirrt erwacht Colter Stevens (Jake Gyllenhaal, «Prince of Persia: The Sands of Time», «Love and Other Drugs») in einem Pendlerzug nach Chicago. Ihm gegenüber sitzt die hübsche Christine (Michelle Monaghan, «Eagle Eye», «Gone Baby Gone»), die ihm mitteilt, dass sie seinen Rat befolgt hat. Obschon sie ihn vertraulich Sam nennt, ist sie ihm völlig unbekannt. Colter versucht sich zu orientieren, wird aber erst aus seinem komischen Traum geweckt, als kurz vor Chicago der Zug explodiert. Nun befindet er sich plötzlich in einem abgestürzten Helikopter und wird über Video-Kontakt von Carol Goodwin (Vera Farmiga, «The Departed», «Up in the Air») über seine Wahrnehmungen im Zug ausgefragt.

Wie Colter bald erfährt, ist er Teil des «Source Code» genannten Regierungsexperiments, das vom Wissenschaftler Rutledge (Jeffrey Wright, «Quantum of Solace») entwickelt wurde. Durch die in den Synapsen gespeicherten Erinnerungen erlaubt das Programm, in den Körper eines anderen Menschen zu schlüpfen – in den letzten acht Minuten vor dessen Tod. Colter hat also genau acht Minuten Zeit, um im Zug den Bombenleger zu finden. Es besteht nämlich die Gefahr, dass der Attentäter mit einer Schmutzigen Bombe einen Anschlag in der Innenstadt von Chicago plant. Doch Colter verfolgt auf der Mission «Beleaguered Castle» auch noch andere Pläne. Ausserdem hat er bald einmal den Verdacht, dass er sich in Wirklichkeit gar nicht in einem abgestürzten Helikopter befindet.

Jake Gyllenhaal und Michelle Monaghan in «Source Code»

In «Source Code» hat die Armee also ein neues Wundermittel gegen den Terrorismus gefunden. Da wird einfach ein Soldat in die Vergangenheit geschickt, um notwendige Informationen für die Zukunft zu sichern. Dieses faszinierende Konzept im Drehbuch von Ben Ripley («Species III», «Species: The Awakening») hat natürlich durchaus einige Schwachpunkte: Wie kamen etwa die für das Experiment verantwortlichen Personen an das Wissen, dass auf diesen Anschlag ein weiterer folgen soll, und dass der Attentäter sich acht Minuten vor der Explosion überhaupt noch im Zug befunden hat? Damit der Film funktioniert, ist also unbedingt ein wenig «Suspension of Disbelief» notwendig. Sofern beim Publikum diese Fähigkeit vorhanden ist, kann der Film sogar mit viel Vergnügen genossen werden.

Einfach betrachtet ist «Source Code» sozusagen eine Variation von «Groundhog Day». Die Geschichte von einem Menschen, der immer wieder die gleiche Zeitdauer erlebt und dabei den Ausgang der Ereignisse trotz unterschiedlichem Verhaltens nicht wirklich ändern kann, wird einfach als Thriller anstatt als Komödie erzählt. Die Zeit drängt und die Explosion lässt sich dennoch nicht verhindern. Doch auch in «Source Code» ist trotz des ernsten Themas reichlich Humor vorhanden und die Umsetzung ist auch nicht wirklich bedrückend. Duncan Jones setzt in seinem zweiten Spielfilm nämlich primär auf Unterhaltung. Die anfängliche Verwirrung der Hauptfigur ist ebenso amüsant wie ihre späteren Reaktionen auf die bereits bekannten Situationen. Wegen der Beziehung zu Christine ist zudem ein ordentlicher Schuss Romantik vorhanden.

Durch sein packendes Debüt «Moon» hat Regisseur Duncan Jones die Messlatte für die Beurteilung des Nachfolgewerks natürlich ziemlich hoch angelegt. Die anspruchsvollen Vorgaben kann er nicht erfüllen, dazu ist der Inhalt von «Source Code» dann doch ein wenig zu belanglos und beliebig konstruiert. Ausserdem liegt durch die ethisch nicht vertretbare Behandlung von Personal wieder ein ähnliches Thema vor, einfach in einem anderen Umfeld. Auf jeden Fall kommt Colter zur Schlussfolgerung: «This can’t be legal, what you’re doing.» Auch das Zeitreise-Element ist eher willkürlich eingesetzt. Begriffe wie «parabolic calculus» oder «time reassignment» sollen die komplexe Wissenschaft dahinter andeuten. Gleichzeitig erklärt Rutledge, dass die Erlebnisse von Colter im Zug lediglich in einer alternativen Realität existieren, die durch den Eingriff aus der Gegenwart nicht verändert werden kann. Das wirft vor allem für das seltsame Ende einige rätselhafte Fragen auf.

Fazit: «Source Code» ist ein kurzweiliger Thriller, der formal tadellos inszeniert ist und niederschwellig die Denkmuskeln beansprucht.

Bewertung: 5 Sterne

(Bilder: © Rialto Film AG)

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