«The River» von Frank Borzage

Mary Duncan in «The River»

In den USA lagern die historischen Filmschätze zu einem grossen Teil in den Archiven der Studios. In Europa sind hingegen vor allem Filmmuseen und die sogenannten Cinémathèquen für die Aufbewahrung des filmischen Erbes besorgt. Die Edition Filmmuseum hat sich die Verbreitung künstlerisch und historisch relevanter Filme in anspruchsvollen Ausgaben zum Ziel gesetzt. In dieser Reihe ist nun auch die Rekonstruktion von «The River» von Frank Borzage erschienen.

Der in der USA geborene Borzage war der Sohn von einer Schweizerin und einem Italiener. 1929 wurde der Regisseur gleich an der ersten Oscar-Verleihung mit einem Oscar für «Seventh Heaven» ausgezeichnet. Drei Jahre später erhielt er die gleiche Auszeichnung auch für «Bad Girl». Dazwischen entstand auch das erotische Drama «The River».  Das Liebesdrama schildert zunächst noch eher träge die Begegnung zwischen einem schüchternen jungen Mann und der Geliebten eines wegen Mordes inhaftierten Bauführers.

Charles Farrell und Mary Duncan in «The River»Die Frau versucht den verlockenden Jüngling zu verführen. Der wehrt sich zunächst noch gegen die Avancen. Erst nachdem er mehrmals den Zug verpasst hat und der erste Schnee gefallen ist, schmilzt das Herz des Mannes. An dieser Stelle kommt auch der Film so richtig in Fahrt. In feuriger Leidenschaft opfert sich der Mann für die Frau auf. Als sie ihn aber nach seinem Liebesgeständnis zurückweist, beginnt er den Wald abzuholzen und erfriert dabei beinahe.

An der Wiederherstellung des nur in Fragmenten erhaltenen Stummfilms von Frank Borzage war die Cinémathèque Suisse und ihr abtretender Direktor Hervé Dumont massgeblich beteiligt. Ausgehend von einem 43-minütigen Fragment (von ursprünglich 84 Minuten) wurde aus 16mm-Material, Fotos und erklärenden Zwischentiteln die neue Fassung zusammengesetzt. Neben der Rekonstruktion begeistert auf der Doppel-DVD vor allem das ausgiebige Bonusmaterial.

Janet Bergstrom erzählt in einem 36-minütigen Filmessay über die parallele Produktion von Borzages «Seventh Heaven», «Street Angel», «The River» und «Lucky Star» sowie Friedrich Wilhelm Murnaus «Sunrise», «Four Devils» und «City Girl» im Fox-Studio. Sie weist dabei eindrücklich auf die verbindenden Stilmittel des Expressionismus hin. Ergänzend dazu finden sich auf der DVD die drei ersten erhaltenen Zweiakter von und mit Frank Borzage aus den Jahren 1915 und 1916.

In «The Pitch o’Chance» (25 Minuten) spielt Borzage einen Glücksspieler, der bei einem Pokerspiel eine Frau «gewinnt» und erst später feststellt, wie er sie dadurch erniedrigt hat. Sehenswert ist vor allem das Drama «The Pilgrim» (28 Minuten), in dem er einen menschenscheuen Einzelgänger spielt, der sich in die Tochter von seinem Boss verliebt. Eher ein wenig wirr wird in «Nugget Jim’s Pardner» (25 Minuten) die Geschichte von einem verwöhnten Jüngling erzählt, der von seinem reichen Vater aus dem Haus geworfen wird und sich nun seinen Lebensunterhalt verdienen muss. Amüsantes Detail: In diesen drei im gleichen Zeitraum entstandenen Filmen tauchen immer wieder die gleichen Kulissen auf.

Werbevorschlag für «The River»Auf der ersten DVD befindet sich zudem im CD-Rom-Bereich zahlreiche Texte von Borzage-Biograf Dumont sowie das ursprüngliche Werbematerial, wie etwa der nebenstehende Inseratevorschlag. Wie es für Filme aus dieser Zeit fast unvermeidlich ist, leidet die Bildqualität des Hauptfilms und den Zweiaktern unter Verunreinigungen. In Anbetracht des Alters ist die Restauration aber recht gut gelungen.

Film: 4 Sterne
Bild-/Tonqualität: 4 Sterne
Bonusmaterial: 6 Sterne

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