«Geld oder Leben» von Jacqueline Falk

Mona Petri und Marcello Montecchi in «Geld oder Leben»«Verleiher oder Leben» wäre der passende Schlachtruf für die Produzenten der Gaunerkomödie «Geld oder Leben» gewesen. Im Mai 2007 hatte ich darüber berichtet, wie die Basler Produktionsfirma Moving Image an der Fertigstellung ihres ausschliesslich durch Private finanzierten Films «Geld oder Leben» arbeitete.

Nachdem die Produktion dann abgeschlossen war, mussten die Filmemacher im Herbst 2007 feststellen, dass es ohne Fördergelder auch alles andere als einfach ist, den Film bei einem Verleih unterzubringen. Im Juni 2008 wagte sich schliesslich ein kleiner Verleih mit der Komödie das Duell gegen die Euro 2008 und scheiterte gnadenlos. Keine 1000 Besucher fanden den weg in die (meist ländlichen) Kinos.

Der Film erzählt vom Computer-Experten Frank (Marcello Montecchi), der auf Sicherheitslücken im Online-Banking seines Arbeitgebers hinweist. Dafür wird er vom Bankdirektor verleumdet und landet vorübergehend unschuldig im Knast. Dort werden der zwilichtige Polizist Max (Daniel Rohr) und auch die actionverliebte Polizisten Rahel (Mona Petri) auf ihn aufmerksam. Max überzeugt Frank, den Kampf mit der übermächtigen Bank aufzunehmen. Dabei wird Frank aber in einen Banküberfall hineingezogen, den Max mit den Ganoven Tony (Pablo Aguilar) und Carlito (Sebastian Arenas) organisiert.

Leichtfüssig und augenzwinkernd wird die Geschichte vorangetrieben. Die Bezeichnung «Gaunerkomödie» ist nach meiner Definition allerdings nur beschränkt zutreffend. Die Witze sind eher dünn gestreut, das Thema des Internetbetrugs ist dafür umso dominanter. Zahlreiche weitere Handlungsstränge sind etwa um einen verliebten Grossvater, eine besorgte Mutter oder einen trainierenden Boxer aufgebaut. «Schräges Gaunerdrama» ist die zutreffendere Bezeichnung für den Film von HGKZ-Absolventin Jacqueline Falk.

«Geld oder Leben»Das reiche Figurenkabinett führt dazu, dass selbst einige tragende Figuren etwas gar hastig und wenig klar eingeführt werden. Die Handlung selbst schwebt zwischen fernsehgerechter Biederkeit von «Die Herbstzeitlosen» oder «Das Geheimnis von Murk» und der Schrägheit von «Verflixt verliebt». Falk hat ein charmantes Mini-Universum entworfen, in dem sich die Figuren ständig über den Weg laufen. Das kann ein wenig zufällig wirken oder aber als Metapher für die Kleinräumigkeit der Schweiz verstanden werden.

Während die Produzenten der Low-Budget-Komödie «Verflixt verliebt» aus den beschränkten Mitteln eine Tugend gemacht haben, streben die Filmemacher von «Geld oder Leben» nach den Sternen. Damit haben sie auch meistens Erfolg. Dabei kommt es jedoch zum Zusammenprall zwischen dem etwas holprigem Inhalt und der professionellen Oberfläche. Ausser wenigen Aussetzern bei der Tonabmischung lässt der Film auf der technischen Ebene nämlich wenig zu wünschen offen.

Die Kameraarbeit ist einfallsreich verspielt und verleiht dem Film eine besonders geschmeidige Note. Auch die Spezialeffekte sind erste Klasse. Von den insgesamt 980 Einstellungen im Film seien gemäss Produzent Roger Mäder 220 durch Tricktechnik bearbeitet worden. Verblüffend für einen mit geringen Mitteln realisierten Schweizer Film sind sowohl die Szenen auf dem Zuggelände als auch das Finale mit der Autoverfolgung. Phänomenal dynamisch ist zudem die Titelsequenz. «Geld oder Leben» ist ein massentaugliches, charmant inszeniertes, aber auch ein bisschen braves Ganovendrama mit reichlich schrägen Figuren.

Das solide Bonusmaterial auf der DVD besteht aus zwei ausführlichen Berichten zu den Dreharbeiten. Diese bestehen aus Interviews, die Schauspielerin Julia Glaus mit Darstellern und Crew geführt hatte, und die teilweise auch schon auf der Website des Films zur Verfügung standen. In einem 30-minütigen Beitrag dürfen sich die Darsteller vorstellen und von den Dreharbeiten berichten.

Auf die Dauer etwas langweilig sind die stets gleichen Fragen «Wie bist du zu diesem Beruf gekommen, was ist das besondere daran, und was ist speziell an diesem Dreh», zumal die Antworten häufig ähnlich ausfallen. Stellvertretend dafür Daniel Rohr, der das kleine, flexible, angehehme, manchmal chaotische Team lobt, das nicht von Ehrgeiz zerfressen ist. Für etwas Abwechslung sorgt der 13-jährige Joel Bloch, der einmal lieber Fussballprofi als Schauspieler werden möchte: Das häufige Warten sei langweilig.

Ergiebiger ist die gleiche Fragestellung bei der Vorstellung der Crew-Mitglieder in einem 97-minütigen Beitrag. Diese Rundschau entpuppt sich als umfassender Überlick der Berufsbilder hinter der Kamera – von der Regisseurin über den Tonmeister zum Kameraassistentin bis hin zum Sprayer. So erklärt etwa Maskenbildnerin Connie Sacchi, dass nur gerade drei Theater (St. Gallen, Luzern und Zürich) Ausbildungsstellen für ihren Beruf anbieten. Wer sich also nicht wirklich für die Komödie erwärmen kann, aber gerne einmal an einem Film mitarbeiten möchte, findet hier viele Antworten.

Film: 4 Sterne
Bild-/Tonqualität: 4 Sterne
Bonusmaterial:
4 Sterne

(Bilder: ©Moviemento)

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