«The Curious Case of Benjamin Button» (Blu-ray)

Brad Pitt und Cate Blanchett in «The Curious Case of Benjamin Button»

«I was born under unusual circumstances,» erklärt die Hauptfigur gleich zu Beginn von «The Curious Case of Benjamin Button». Ungewöhnliche Umstände haben seine Geburt bestimmt. Bei der Geburt, als in New Orleans gerade das Ende des Ersten Weltkriegs gefeiert wird, stirbt die Mutter und das Kind entpuppt sich als seltsam gealtertes Knäuel. Noch viel ungewöhnlicher ist dann allerdings sein weiteres Leben.

Der Vater ist schockiert und setzt das Kind auf der Treppe eines Alterswohnheims aus. Dort nimmt sich die Pflegerin Queenie (Taraji P. Henson) des jämmerlichen Findelkinds an. Der Arzt erklärt, dass das Baby an Arthritis leidet und auch sonst so viele Altersbeschwerden vorweist, das es wohl nicht mehr lange leben wird. Doch der kleine Benjamin (Brad Pitt, «Burn After Reading», «The Assassination of Jesse James») wächst beschwerlich weiter.

Vom Aussehen her unterscheidet sich Benjamin kaum von den Mitbewohnern in der Altersresidenz. Sein Spieltrieb sorgt hingegen eher für Unruhe. Nach einigen Jahren trifft er erstmals auf die Enkelin einer Mitbewohnerin und ist sofort hingerissen von der blauäugigen Daisy. Doch die Freundschaft zwischen dem alten Mann und dem Mädchen wird nicht toleriert.

Noch keine 20 Jahre alt heuert der abenteuerlustige Benjamin auf dem Schiff eines Schrotthändlers an. Den Kontakt zu Daisy hält er aufrecht, doch als er nach Russland kommt, verliebt er sich in die Gattin (Tilda Swinton) eines britischen Gesandten. Als die USA in den Zweiten Weltkrieg eintritt, bricht die Affäre auseinander. Nach dem Krieg kehrt Benjamin in die USA zurück, wo er wieder auf Daisy (Cate Blanchett) trifft, die unterdessen eine Balletttänzerin ist. Auf ihre Avancen geht er jedoch nicht ein.

So treffen in den folgenden Jahren Benjamin und Daisy immer wieder aufeinander. Er kämpft im Körper eines jünger werdenden Mannes mit den Gefühlen, die er gegenüber der jungen Daisy hegt. Sie fühlt sich einmal zu ihm hingezogen, stürzt sich dann wieder, enttäuscht von seinem abweisenden Verhalten, in diverse Liebschaften. Irgendwie befinden sich die Seelenverwandten nie in der gleichen Position, um für eine Beziehung bereit zu sein.

Taraji P. Henson und Brad Pitt in «The Curious Case of Benjamin Button»

Die Vergänglichkeit der Zeit ist das zentrale Thema dieser epischen Liebesgeschichte, in der ein Mann als Greis geboren wird und 70 Jahre später als Baby stirbt. Wie verhält sich dieser in umgekehrter Richtung lebende Mensch und wie reagiert die Umgebung auf ihn? «The Curious Case of Benjamin Button» ist eine verführerische Zeitreise auf den Spuren eines gegen den Strom schwimmenden Menschen, ein wunderbares Märchen über die Unaufhaltsamkeit der Zeit.

Die Unausweichlichkeit der Entscheidungen zieht sich wie ein Roter Faden durch die Handlung.  «Carpe diem» dürfte die reduzierte Botschaft des Films lauten. Wie Benjamin langsam immer deutlicher feststellen muss, nützt es nichts, den verpassten Möglichkeiten nachzuweinen. Sein Leben wird nicht durch das Alter, sondern durch das Verhalten bestimmt. Egal ob man nun vorwärts oder «rückwärts» lebt, wird jedes Ereignis ein erstes Mal erlebt.

Schwelgerisch erzählt Regisseur David Fincher («Zodiac») diese Geschichte, die auf eine Kurzgeschichte von F. Scott Fitzgerald basiert. Bereits 1990 schrieb Robin Swicord eine erste Fassung des Drehbuchs, das nun von Eric Roth den Bedürfnissen von Fincher entsprechend umgearbeitet wurde. Wie in der Vorlage konzentriert sich die Handlung auf einzelne Stationen im Leben von Benjamin Button. Die stimmungsvollen Episoden führen ausschweifend in die verzerrte Gefühlswelt des kuriosen Mannes.

Wie ein Fischer werfen die Filmemacher ein Netz aus, sammeln darin Bruchstücke einer verwirrten Existenz, um daraus mit unbremsbarer Erzähllust ein Panoptikum der verpassten Gelegenheiten und unüberwindbaren Hürden zu entwerfen. Fincher stattet die technisch perfekt inszenierte Geschichte mit viel Herz aus und fügt ihr zarten Humor bei. Für ständige Verwunderung sorgt er zudem mit einigen verunsichernden Verfremdungen. So spricht Daisy auch schon als Mädchen mit der Stimme von Cate Blanchett.

Brad Pitt und Cate Blanchett in «The Curious Case of Benjamin Button»

Einzig die Rahmenhandlung wirkt bisweilen etwas schwerfällig. Die Geschichte wird nämlich aus der Perspektive einer Frau (Julia Ormond) erzählt, die ihrer sterbenden Mutter aus einem Tagebuch vorliest, in dem Benjamin seine Erfahrungen niedergeschrieben hat. Wie sich bald herausstellt, handelt es sich bei der Mutter um Daisy. So drehen die Filmemacher auf eine Art die Zeit gleich doppelt zurück. Die Einschübe wirken allerdings störend, weil sie den Erzählfluss unterbrechen.

Unterschiede zu der Vorlage gibt es zahlreiche. Für F. Scott Fitzgerald war die Kurzgeschichte wohl mehr eine Fingerübung, in der er einige fantastische Gedanken ausformulierte. Sein Benjamin hat im Gegensatz zur Filmfigur stets auch das geistige Alter seines Körpers. So sieht er als 20-Jähriger nicht nur wie ein 50-Jähriger aus, sondern denkt und fühlt auch so. Je länger er aber lebt, umso jugendlicher wird sein Verhalten. Im Film wird Benjamin hingegen mit zunehmendem Lebensalter immer reifer.

In der Handlung von Fitzgerald wechseln sich zudem die Bezugspersonen ab. Benjamin wird als Kind nicht ausgesetzt. Stattdessen verhält sich sein störrischer Vater so, als ob es sich bei dem alten Mann um ein gewöhnliches Kind handelt. Es muss mit einer Rassel spielen und in den Kindergarten. Später heiratet Benjamin eine gleichaltrige Frau, die zunächst natürlich 30 Jahre jünger aussieht. Als sich die in unterschiedlichen Richtungen entwickelnden Partner auseinanderleben, bleibt Benjamin bei seinem Sohn, der nicht nur das Geschäft übernimmt, sondern seinen immer kindlicher werdenden Vater bald auch an Reife überragt.

Wer sich noch stärker auf das Thema einlassen möchte, findet im 2004 erschienenen Roman «The Confessions of Max Tivoli» von Andrew Sean Greer eine Ergänzung. Wie Roth steckt Greer einen mental heranreifenden Menschen in einen umgekehrt alternden Körper. Die faszinierende Geschichte erzählt Greer allerdings leider reichlich schwerfällig. Die Schilderungen von Max Tivoli, der sich wie Benjamin ein Leben lang nach der Partnerschaft mit der gleichen Frau sehnt, erfolgen in der Form eines Tagebuchs. Ermüdend ist vor allem die Art und Weise, wie sich Max dabei immer wieder pathetisch an den beabsichtigten Leser wendet: «But what a lucky chance this virus turned out to be. To lie so close beside you, Sammy; to time each breath to yours.»

Das ziemlich melancholische und im Fall von Max eher unglückliche Motto des Romans, das auch zu «The Curious Case of Benjamin Button» passen würde: «We are each the love of someone’s life.» Wie Greer in einer Erklärung auf seiner Website festhält, habe er weder von der Kurzgeschichte von Fitzgerald noch von der Verfilmung gehört, als er 2001 mit dem Schreiben seines Romans anfing: «When I began my book in early 2001, I had never heard of Fitzgerald’s story or the movie.» Roth seinerseits hat spätestens 2003 eine Drehbuchfassung abgeliefert.

Von «The Curious Case of Benjamin Button» gibt es zwei Blu-ray-Disc-Ausgaben. Die etwas edlere «Special Edition» enthält neben dem Film auf einer und dem Bonusmaterial auf einer weiteren Blu-ray-Disc auch noch ein gebundenes Beiheft, das Bilder und Zitate aus dem Film enthält, mit 12 Seiten aber ein wenig mager ausgefallen ist. Vorzüglich ist hingegen das Bonusmaterial, das einerseits aus einem ausführlichen, 180-minütigen Bericht (in High Definition) besteht, der sich auch in 14 Segmenten betrachten lässt.

Andererseits erzählt Fincher auf einem Audiokommentar von den Dreharbeiten. Nach einem leicht harzigen Beginn kommt er nach einigen Minuten in Fahrt und spart auch nicht an markigen Bemerkungen über das Budget. Eigentlich habe er eine Szene im Bahnhof von Philadelphia drehen wollen. Doch diesen Plan musste er aufgeben, weil das sei nicht «cost effective» gewesen wäre. Die Kosten waren auch der Grund, weshalb der Film nicht in Baltimore, sondern in New Orleans entstanden ist. Und dann beschreibt Fincher auch noch sein «Method Directing»: Als er mit der Leistung eines Stuntmans nicht zufrieden war, zeigte er ihm, wie man aufs Gesicht fallen soll.

Die Bildqualität ist an und für sich einwandfrei, erhält aber wegen Mängeln der Aufnahmetechnik einen Abzug. Gedreht wurde hauptsächlich digital mit einer Viper-Kamera, die bei schnellen Bewegungen die Konturen ein wenig zu stark verwischt. Die meisten Aufnahmen sind trotzdem umwerfend schön. Etwas enttäuschend ist nach meinem Eindruck die Tonspur in Dolby TrueHD 5.1 ausgefallen. Die Effekte und die Musik sind zwar effektvoll abgemischt, aber die Dialoge sind stark gedämpft. So muss die Lautstärke auf eine Stufe gestellt werden, die wohl den wenigsten Nachbarn wirklich eine Freude bereitet.

Bewertung: 6 Sterne
Bildqualität (Blu-ray): 5 Sterne
Tonqualität (Blu-ray): 4 Sterne
Bonusmaterial (Blu-ray):
5 Sterne

(Bilder: ©2009 Warner Bros. Pictures. All Rights Reserved)

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