NIFFF 09 : Üppiges Programm des fantastischen Films

«Antichrist» von Lars von Trier

Heute hat das Neuchâtel International Fantastic Film Festival (NIFFF) ausführlich über die Ausgabe von diesem Jahr informiert. Die 9. Ausgabe, die vom 30. Juni bis am 5. Juli dauert, erkunde mehr denn je die Reichhaltigkeit des internationalen Genrekinos und präsentiere ein Programm, das auf Vielfalt und Entdeckungen setzt. In den nächsten beiden Wochen werde ich als Einstimmung auf einige Perlen der letzten beiden Jahre zurückblicken. Hier folgen nun aber zuerst die Angaben zum NIFFF 09.

Der asiatische Film wird dieses Jahr besonders stark gewichtet mit einem Akzent auf aufstrebende Filmnationen und renommierten Gästen wie Bong Joon-ho («The Host») und Shinji Aoyama («Eureka»). Die neusten Filme von Lars Von Trier («Antichrist») und Mamoru Oshii («The Sky Crawlers») sind in den beiden Wettbewerben vertreten. Das vergrösserte Open Air zeigt derweil unveröffentlichte Werke wie den Animationsfilm «Brendan and the Secret of Kells» und Vorpremieren wie «The Countess» von Julie Delpy.

Die Jury für den internationalen Wettbewerb wird vom südkoreanischen Regisseur Bong Joon-ho («The Host») präsidierte. Unterstützt wird er vom niederländischen Drehbuchautoren Gerard Soeteman, der eng mit Paul Verhoeven zusammenarbeitet («Black Book», «Starship Troopers»), dem Journalisten François Angelier (Frankreich), dem indonesischen Regisseur Joko Anwar («Kala») und der US-Schweizerischen Sängerin und Performerin Erika Stucky.

Der zu den Grössen der Nouvelle Vague des japanischen Films zählende Shinji Aoyama ist der Ehrengast dieser Ausgabe. Nachdem er im Jahr 2000 für seinen Film «Eureka» in Cannes den Prix de la Critique erhielt und damit international bekannt wurde, präsentiert er am NIFFF ein Spezialprogramm, das sein Verhältnis zum Genrefilm ausleuchtet. Zudem empfängt das NIFFF im Rahmen seiner Sonderreihe zum skandinavischen Genrefilm Antti-Jussi Annila und Tero Kaukomaa, für die Regie respektive Produktion von «Sauna», den Regisseur Ole Bornedal mit seinem Thriller «Just Another Love Story» und Patrick Sobieski, den Produzenten von «Vampyrer».

Der internationale Wettbewerb zeichne sich durch geografische Vielfalt und durch eine grosse thematische Bandbreite aus, wie sie dem heutigen fantastischen Filmschaffen entspricht: Künstler, die mit dem Genrefilm geflirtet haben, ohne ihm jemals endgültig zu erliegen (Lars Von Trier mit «Antichrist», Catherine Breillat mit «La barbe bleue»), Werke, die sich mit der Kindheit befassen («Grace» des Amerikaners Paul Solet, «The Children» des Briten Tom Shankland) oder auch einen Thriller aus Australien («Coffin Rock» von Ruppert Glasson).

Auch die Science-Fiction ist im Wettbewerb vertreten, sei sie verspielt und mit Referenzen gespickt («Moon» von Duncan Jones mit Sam Rockwell, auch als Eröffnungsfilm zu sehen) oder romantisch («Franklyn» von Gerald McMorrow mit Eva Green und Ryan Philippe). Schliesslich dokumentieren «Vertige» von Abel Ferry (Gast am NIFFF 2009), «Tormented» von Jon Wright und «Left Bank» von Pieter Van Hees (Gast am NIFFF 2009), was sich derzeit im europäischen Horrorschaffen so alles tut. Das hört sich schon einmal sehr spannend an.

New Cinema from Asia, die Rundschau mit den Höhepunkten des asiatischen Genrefilms, setzt erneut auf aufstrebende Filmländer und führt nach Malaysia («Histeria» von James Lee) und Indonesien («The Forbidden Door» von Joko Anwar). Sie gewichtet ausserdem verspielte Werke («The Handsome Suit» des Japaners Tsutomu Hanabusa und «Connected» von Benny Chan aus Hongkong) und das Horrorkino («Rathree Reborn» des Thailänders Yuthlert Sippapak). Zu erwähnen sind ausserdem «The Sky Crawlers», der neuste Film von Mamoru Oshii, dem Kultregisseur von «Ghost in the Shell», und «Queens of Langkasuka» von Nonzee Nimibutr – der thailändische Kassenschlager 2008.

«Brendan and the Secret of Kells»

Unter verbesserten Bedingungen (grössere Leinwand, Dolby Surround, mehr Plätze) stehen am Open Air Version 3.0 unveröffentlichte Filme und die spannendsten Vorpremieren der Saison auf dem Programm. Zu sehen sind die Animationsfilme «Brendan and the Secret of Kells» (Tomm Moore & Nora Twoney) und «Mary and Max» von Adam Eliott. Ebenfalls zu entdecken: Die Verfilmung des Erfolgsmangas «20th Century Boys» von Yukihiko Tsutsumi, die Haudrauf-Action von «Crank 2: High Voltage» (Mark Reverdine & Brian Taylor), der pessimistische Realismus des Thrillers «The Chaser» von Hong-jin Na oder auch die düstere und bittere Romantik von «The Countess», einem Drama von Julie Delpy. Nun gut, «Crank 2: High Voltage» lief in der Deutschschweiz bereits im Kino. Aber sonst klingt das auch gut.

Neben den beiden Wettbewerben zum fantastischen Kurzfilmschaffen aus der Schweiz und aus Europa steht der Kurzfilm auch im Zentrum der Publikumsbegegnung, die von Swiss Dimensions organisiert wird. Anlässlich des Tages für den Schweizer Film werden die Zuschauer mit den Regisseuren der Beiträge im SSA/Suissimage-Wettbewerb über deren Werke sprechen können. Ebenfalls auf dem Tagesprogramm: Eine Pitching-Session, in deren Verlauf Produzenten und Regisseure ihre Projekte einem Panel mit Filmindustrieprofis aus der Schweiz und Europa vorstellen.

Das NIFFF bat den Präsidenten der internationalen Jury, drei fantastische Filme mit Einfluss auf sein Werk auszuwählen. Er entschied sich für «Kairo» von Kiyoshi Kurosawa, «The Thing» von John Carpenter und «The Housemaid» von Kim Ki-young. Damit habe er eine Auswahl getroffen, die auf verblüffende Weise der Ausrichtung des Festivals seit seinen Anfängen entspricht.

Zum vierten Mal in Folge empfängt das NIFFF das Symposium «Imaging the Future». Dieses Jahr dreht sich das Programm unter anderem um Matte Painting im digitalen Zeitalter, um die Konzeption von computergenerierten Figuren und um die Beziehungen zwischen Videospiel, Comics und Film. Anwesend sein wird insbesondere der französische Matte Painter Jean-Marie Vivès («Alien Resurrection», «La cité des enfants perdus»), der eine Ausstellung zu seinen Ehren auf dem Festivalgelände einweihen wird.

Auch das CAN (Centre d’Art Neuchâtel) präsentiert erneut gemeinsam mit dem NIFFF ein Programm mit Videos und Performances mit fantastischen Unterton. Für diese zweite Ausgabe wird eigens ein Pavillon im Jardin Anglais errichtet, der tagsüber in Installationsform Videoarbeiten zeigt und abends für Filmvorführungen genutzt wird.

Anlässlich der Präsenz von Joko Anwar in der internationalen Jury präsentiert das NIFFF den Spielfilm «Quickie Express» von Djimas Djayadiningrat, zu dem der indonesische Filmemacher das Drehbuch geschrieben hat. In Zusammenarbeit mit dem Symposium «Imaging The Future» zeigt das Festival ausserdem eine Auswahl an Machinimas – durch Videospiele produzierte Kurzfilme. Das Programm «Made in NE» schliesslich widmet sich dem Filmschaffen aus der Region. Auf die Retrospektiven zu Ehren von US-Produzent William Castle und der skandalumwitterten Category III in Hongkong habe ich bereits im Mai hingewiesen.

2 Kommentare to “NIFFF 09 : Üppiges Programm des fantastischen Films”

  1. Tobias says:

    Fährst du zum Festival, Thomas? “Mary & Max” lohnt sich, “Franklyn” meiner Meinung nach leider nicht.

    “Sky Crawlers” würde ich gerne auf der großen Leinwand sehen.

  2. Thomas says:

    Ja, ich bin fünf Tage in Neuchâtel.

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