«The Fall» von Tarsem (Blu-ray)

Lee Pace, Julian Bleach, Robin Smith, Marcus Wesley, Leo Bill und Jeetu Verma in «The Fall»

You’re trying to save my soul?

Ich hatte den leisen Verdacht, dass mir dieser Film sehr gut gefallen könnte. Dennoch hegte ich irgendwie Zweifel an dieser Vermutung. Wirklich gute Film kommen doch ganz bestimmt auch ins Kino, oder? Das war vielleicht früher einmal so. Das opulente Märchen «The Fall» ist grossartig und fand den Weg trotzdem nicht in die Schweizer Kinos. Aber auch auf Blu-ray-Disc ist die visuelle Wucht und die unbändige Erzählkraft überwältigend.

Vor langer, langer Zeit befindet sich das Mädchen Alexandria (Catinca Untaru) mit einem gebrochenen Arm in einem Spital in Los Angeles. Einen Unfall hatte auch der Stuntman Roy Walker (Lee Pace), auf den sie dort trifft. Er erzählt ihr eine Geschichte von Alexander dem Grossen. Falls Alexandria am nächsten Tag wieder kommt, erzählt er ihre eine andere Geschichte: «An epic tale of love and revenge.»

Als Alexandria am nächsten Tag am Bett von Roy auftaucht, entführt er sie in die fabelhafte Welt von fünf Banditen, die sich aus unterschiedlichen Gründen alle an Governor Odious rächen wollen. Die Geschichte stammt von Roy, die Bilder dazu erfindet sich Alexandria in ihrem Kopf. Da Roy aber mehr an einem gebrochenen Herz als an seinen Verletzungen leidet, versucht er von Alexandria eine Gegenleistung für seine Geschichten zu erlangen. Sie soll ihm die für einen sanften Tod notwendigen Morphium-Pillen aus dem Medikamentenlager besorgen.

Justine Waddell in «The Fall»

Sechs Jahre hat es gedauert, bis Regisseur Tarsem Singh nach «The Cell» seinen nächsten Kinofilm vollendet hat. Vier Jahre ist er dafür rund um die Welt gereist und hat vor den verzauberndsten Kulissen gedreht. War «The Cell» noch mehrheitlich verstörend, ist «The Fall» nun trotz düsterer Nebenhandlung einfach einzig entzückend. Entstanden ist eine wunderbar verschachtelte Geschichte, die in der Fantasie der Erzählung zahlreiche Bezüge auf die Realität herstellt.

«Although I’ve dedicated my life to God and goodness, I secretly love throwing oranges at our priest,» gesteht etwa die entführte Prinzessin an einer Stelle ihrem maskierten Helden. Da protestiert die belauschte Zuhörerin ebenso, wie wenn Roy plötzlich seine Figuren sterben lässt. Zärtlich und berührend entwickelt Tarsem (der volle Name hatte in der Titelsequenz keinen Platz) die Beziehung zwischen dem neugierigen Mädchen und dem unter Liebesschmerz leidenden Fantasten.

Catinca Untaru und Lee Pace in «The Fall»

In dem von einem katholischen Orden geführten Krankenhaus tauchen auch ständig Anspielungen auf die Religion und ihre Lügen auf. Jede Fiktion ist letzten Endes eine Unwahrheit, ob sie sich nun in der Bibel, in der Erzählung von Roy oder eben dem Film über Roy und Alexandria befindet. Dazu passt auch, dass einer der Banditen Charles Darwin ist, der auf der Suche nach dem Schmetterling Americana exotica von einem Priester verraten wird: «They pay you well for Darwin’s hide». Darwin rettet die Banditen immer wieder, obschon er für seine Einfälle auf die Ideen von seinem Affen Wallace (eine Verweis auf Darwins Vordenker Alfred Russel Wallace) angewiesen ist. Einfach köstlich.

Und auch Alexandria behilft sich der Erfindung einer Lüge, als der Arzt der Mutter das Versprechen abfordern will, ihre Tochter nicht mehr für die Arbeit auf der Orangen-Plantage einzuspannen. «The Fall» begeistert also nicht nur visuell, sondern auch durch die verspielte vielschichtige Erzählung. Aber natürlich sind auch die berauschenden Bilder eine besondere Erwähnung wert. Auch auf die zahlreichen Bezüge zu «Baraka» ist ausdrücklich hinzuweisen, die beispielweise im Affengesang auf Bali oder den tanzenden Derwischen zu erkennen sind. «The Fall» entfaltet auf allen Ebenen eine betörende Schönheit.

«The Fall»

Die Blu-ray-Disc bietet den Film in vorzüglicher Bildqualität. Einzig bei schnellen Kamerabewegungen verschwimmen teilweise die Bildpunkte ein wenig. Die Tonspur in DTS HD Master Audio 5.1 hält einige wuchtige Effekte bereit und bringt vor allem die Begleitmusik (unter anderem Ausschnitte aus der 7. Sinfonie von Beethoven) zur einnehmenden Entfaltung.

In der «3-Disc Limited Collector’s Edition» sind neben der Blu-ray-Disc auch noch zwei DVDs enthalten, eine ebenfalls mit dem Film, die andere mit dem Bonusmaterial. Die beiden je knapp halbstündigen «Dokumentationen» sind lediglich Aufnahmen von den Dreharbeiten, die aber immerhin einige Ansprachen von Tarsem Singh enthalten. Die zwei entfallenen Szenen (91 Sekunden) und die Interviews mit vier Schauspielern und dem Ausstatter (insgesamt 10 Minuten) sind auch nicht weiter der Rede wert.

Vorzüglich sind hingegen die beiden Audiokommentare (ohne Untertitel). Auf einer Tonspur erzählt Tarsem Singh von der Entstehung des Films. Auf einer weiteren führen Hauptdarsteller Lee Pace und die beiden Drehbuchautoren Dan Gilroy und Nico Soultanakis durch die Handlung. Als weltweit exklusives Bonusmaterial wird zudem der herausragende Kurzfilm «Balance» von Christoph und Wolfgang Lauenstein angepriesen. Die deutschen Brüder haben für «The Fall» eine 90-sekündige Sequenz animiert haben, die in vollständiger Fassung ebenfalls exklusiv enthalten ist (im Film wurden nur etwa 30 Sekunden verwendet).

Bewertung: 6 Sterne
Bildqualität (Blu-ray-Disc): 5 Sterne
Tonqualität (Blu-ray-Disc): 6 Sterne
Bonusmaterial (Blu-ray-Disc/DVD):
5 Sterne

(Bilder: ©Max Vision)

2 Kommentare to “«The Fall» von Tarsem (Blu-ray)”

  1. Yjgalla says:

    Die Frage, welche Edition wir kaufen, hat sich jetzt auch erledigt. Als ich gestern nach Haus kam, war The Fall schon da.

  2. Sir Michael says:

    Eine der größten Filmenttäuschungen der letzten Jahrzente!!!
    Die Handlung dermaßen hanebüchen, verquer und saudämlich, dabei versprach die Ankündigung doch einen spannenden Film. Doch davon kann keine Rede sein, die Bilder allzu aufgesetzt und unglaubwürdig und somit leer. Klar ist es erlaubt in Filmen zu übertreiben, aber dann bitte mit dem nötigen Ernst und Ironie. Ein Film muß seine Figuren, Handlungen ernst nehmen und davon hab ich leider nichts gemerkt in diesem Film. alles wirkte auf mich zu lächerlich und wollte allzugroß inszeniert sein. Und genau das ist der Fehler dieses Films. Knallbunte Gewänder in Wüstenlandschaft, eine Rote Wand in der Pampa machen noch keinen Farbenfrohen Kostümfilm. der Film will alles sein, bunt, ernst, spannend,dicht, atmosphärisch, ein Spiegelbild vorhaltend, eine Parabel, visuell-usw..und ist doch keines von allen.
    Enttäuscht ging ich vom Kino heim und verärgert über die Journalisten, die diesen Film so Hochgelobt hatten

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