«Die Päpstin» von Sönke Wortmann

Johanna Wokalek in «Die Päpstin»

Der Herr hatte seine Hand nach ihr ausgestreckt, und sie musste nach ihr greifen.

Eine Legende besagt, dass im 9. Jahrhundert eine Frau zum Papst gewählt worden sei. Der deutsche Regisseur Sönke Wortmann setzt sich in der Literaturverfilmung «Die Päpstin» mit dieser Figur der Johanna auseinander. Entstanden ist ein biederes Historiendrama, das zwischendurch zur Parodie auf das Genre gerät.

Im Jahr als Karl der Grosse stirbt, wird 814 in Ingelsheim das Mädchen Johanna geboren. Ihr Vater (Iain Glen), der engstirnige Priester des Dorfes, ist davon wenig begeistert. Wie es sich für einen bibeltreuen Gottesmann gehört, bringt er Frauen keinen Respekt entgegen und schliesst sie auch vom Unterricht aus. Doch die kleine Johanna (Tigerlily Hutchinson) ist überaus intelligent. «Du bist ein kleines Wunder,» meint der Bruder, der ihr Lesen und Schreiben beibringt. Denn Johanna will auch die Bibel lesen können, auch wenn der Vater das als Gotteslästerung betrachtet.

Bei einem Besuch im Dorf wird der gelehrte Aesculapius (Edward Petherbridge), der Leiter der Domschule in Dorstadt, auf das wissbegierige Mädchen aufmerksam und nimmt sie unter seine Obhut. Jahre später wird Johanna (Lotte Flack) ausnahmsweise an die einzig für Knaben bestimmte Domschule aufgenommen. Auch Graf Gerold (David Wenham) ist von dem Mädchen beeindruckt und bietet ihr gegen den Willen von seiner Frau Richild (Claudia Michelsen) bei seiner Familie Unterkunft an. Neid und Eifersucht führen dazu, dass die erwachsene Johanna (Johanna Wokalek) gegen ihren Willen verheiratet werden soll. Da greifen die Normannen an.

Nur Johanna überlebt das Massaker und flüchtet unter dem Namen Johannes Anglicus in das Benediktinerkloster in Fulda. Dort geniesst sie durch ihr Wissen über Heilpflanzen eine angesehene Stellung. Doch als sie nach einer Weile an einem Fieber erkrankt, muss sie fliehen, bevor die Brüder sie entkleiden und ihre wahre Identität erkennen. Über einen Umweg gelangt sie nach Rom, wo sie wieder ihr Wissen einsetzt und Papst Sergius (John Goodman) von der Gicht heilt. Sie wird zu seinem intimsten Begleiter, was dem machthungrigen Nomenklator Anastasius (Anatole Taubman) überhaupt nicht gefällt. Schliesslich gelangt auch Graf Gerold nach Rom, eine alte Leidenschaft flammt auf und Johannes Anglicus wird zum Papst gewählt.

Johanna Wokalek und John Goodman in «Die Päpstin»

Auch wenn die Filmemacher den Film zumindest im Trailer als «wahre Geschichte» verkaufen, so handelt es sich dennoch sehr wahrscheinlich nur um eine Legende. Durch die überladene und von Klischees durchtränkte Handlung im Film «Die Päpstin» wird die Geschichte zu einem schlechten Märchen oder einer lediglich mittelmässigen Parabel über die Selbstbestimmung der Frau. Das liegt aber auch vor allem an der schwerfälligen Inszenierung, in der die Schauspieler zwar jedes Wort sehr genau betonen, aber nicht in der Lage sind, Gefühle zu transportieren. Tiefpunkt in dieser Hinsicht ist gleich zu Beginn der extrem starr agierende Iain Glen, in einer aber auch sehr eindimensionalen Rolle.

«Die Päpstin» ist zumindest ein perfekter Einstieg für Philosophiediskussionen in der Schule und greift auch die Frage nach der Gleichstellung der Frau in der Kirche sehr eloquent auf. Für die Ansammlung an Aphorismen war ihm auch das Prädikat «besonders wertvoll» von der Filmbewertungsstelle Wiesbaden auf sicher. Doch als filmisches Erlebnis ist der arg konventionelle Historienfilm ein von Anfang bis Ende unbefriedigendes Erlebnis. Da wird viel zu viel und oft auch zu banal geredet. Jede Tat wird entweder von den Figuren selbst oder dann durch die lästige Erzählstimme erklärt.

Einige Szenen sind so penetrant symbolhaft inszeniert, dass sie fast nur als Parodie gelesen werden können. Etwa wenn genau in dem Moment, in dem Johanna in der Kirche gegen ihren Willen verheiratet werden soll, ein Angriff der Normannen stattfindet. Der Priester hält dem Angreifer zuerst die Bibel entgegen, die aber mit einem Hieb zweigeteilt wird. Danach trennt das Schwert des Normannen auch noch den Kopf des Priesters vom Körper ab. In einer anderen Szene wird durch eine Kerze ein Furz angezündet. Viel mehr als ein brennender Furz ist auch «Die Päpstin» nicht.

Kosten gespart hat die Produktion übrigens dadurch, dass sie David Wenham als wilden Krieger mit schmachtendem Herz verpflichtet hat. Da er die gleiche Rolle schon in «The Lord of the Rings» gespielt hatte, konnte die Gage wegen nicht notwendiger Vorbereitung reduziert werden, und zudem brachte er auch gleich noch seine Garderobe mit.

Fazit: «Die Päpstin» ist ein ödes Historiendrama, das zwar gelegentlich zu Gedanken anregt, aber durch seine plumpe Inszenierung quält. Da hätte ich besser das Buch gelesen.

Bewertung: 2 Sterne

(Bilder: ©2009 Pathé Films AG)

Ein Kommentar to “«Die Päpstin» von Sönke Wortmann”

  1. LOTR-Fan says:

    Naja, auf diese Kritik gebe ich nicht viel. Besonders unangebracht finde ich den letzten Absatz über David Wenham. Das zeigt, dass der Kritiker bei “Herr der Ringe” auch nicht besonders gut aufgepasst hat. *rolleyes*
    Ich werde am 22.10. ins Kino gehen und mir ein eigenes Bild von der “Päpstin” machen. Da ich das Buch vorher gelesen habe, weiß ich, was man ungefähr erwarten kann.

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