«The Informant!» von Steven Soderbergh

Matt Damon in «The Informant!»

That seems like a lot of thinking for a bear.

Einer der eigenwilligsten Filmemacher in Hollywood ist Steven Soderbergh, der neben Mainstream-Produktionen immer wieder unabhängige Filme realisiert. «The Informant!» gehört eher in die erste Kategorie. Doch selbst diese vermeintlich gewöhnliche Geschichte inszeniert Soderbergh mit seiner angenehm unkonventionellen Handschrift. Die grandiose Tragikomödie über einen Whistleblower erhält dadurch faszinierende Facetten.

Mark Whitacre (Matt Damon) ist ein aufstrebender Manager im riesigen Agrar-Unternehmen Archer Daniels Midland (ADM). Er meldet sich eines Tages bei seinen Vorgesetzten. Er habe soeben die Information erhalten, dass die Experimente des Unternehmens durch einen Saboteur gestört werden. Die Firma wendet sich an das FBI. Agent Brian Shepard (Scott Bakula) befragt auch Whitacre, der ihm eine noch viel brisantere Auskunft erteilt: Das Unternehmen trifft Preisabsprachen mit der Konkurrenz. Das illegale Vorgehen kostet die Konsumenten unzählige Millionen.

Das FBI engagiert den braven Whitacre als Spitzel und schickt ihn fortan mit Abhörgeräten ausgerüstet an die Sitzungen, an denen die Tarife vereinbart werden. Whitacre steigert sich immer mehr in seine Rolle als Informant für das FBI. Das führt soweit, dass er sich 0014 nennen lässt («twice as smart as 007»). Doch der Familienvater ist eher nicht einmal halb so clever wie der berühmte Geheimagent und verstrickt sich in immer mehr Lügen. Die Führung von ADM reibt sich schon die Hände, als sie erfährt, dass Whitacre riesige Summen veruntreut hat. Das bringt auch die Ermittler des FBI in eine verzwickte Lage.

Scott Bakula, Joel McHale und Ann Cusack in «The Informant!»

Das besondere Element an «The Informant!» ist das Benehmen der Hauptfigur, das zunächst ziemlich undurchschaubar ist. Das Vorgehen von Mark Whitacre ist zwar noch nachvollziehbar. Doch jedes Mal, wenn er eine rationale Entscheidung trifft, sind plötzlich seine Überlegungen zu hören, in denen er sich mit teilweise völlig zufälligen Gedanken beschäftigt. So erfährt man, dass sein deutsches Lieblingswort «Kugelschreiber» ist («so many syllables just to say pen»), dass es Schmetterlinge gibt, die nur zur Täuschung bunt sind, weil es giftige Artgenossen gibt, oder dass sich Eisbären auf der Jagd die Pfote auf die schwarze Nase legen.

Erst mit der Zeit wird klar, dass Whitacre an einer psychischen Störung leidet. Dadurch lassen sich auch seine nicht immer ganz ehrlichen Aussagen erklären. «The Informant!» ist somit weniger ein Industrie-Thriller als vielmehr eine sehr humorvolle psychologische Studie über eine Person, die sich durch eine verzerrte Wahrnehmung übernommen hat. Matt Damon brilliert in der Rolle des kauzigen und tragischen Helden.

Aber nicht nur die Geschichte und die Figur sind speziell. Regisseur Steven Soderbergh, der unter seinem gewohnten Pseudonym Peter Andrews auch für die Kameraarbeit verantwortlich war, wählte einen unverkennbaren Stil. Das Publikum sieht die Ereignisse meistens aus der Position eines Beobachters, der zufällig im Raum anwesend ist. Durch die Verwendung von solchen eher ungewohnten Stil- und Erzählmitteln verleiht Soderbergh der an und für sich gewöhnlichen Geschichten einen ganz ausgefallenen Reiz.

Fazit: «The Informant!» ist eine köstliche Tragikomödie über Schein und Sein mit einer der aussergewöhnlichsten Hauptfiguren der letzten Jahre.

Bewertung: 6 Sterne

(Bilder: ©2009 Warner Bros. Ent. All Rights Reserved.)

2 Kommentare to “«The Informant!» von Steven Soderbergh”

  1. juliaL49 says:

    Nur echt mit Ausrufezeichen! Mal sehen, ob ich mir das auf deutsch ansehen werde oder doch lieber auf die DVD warte.

  2. Moritz says:

    Ich habe den Film gestern auf Deutsch gesehen und da ist herzlich wenig von dieser Komödie rübergekommen. Am interessantesten waren da echt noch die zufälligen Tatsachen, die man in den Gedankengängen der Hauptfigur serviert bekommen hat (das mit den Eisbären is ja mal richtig cool^^).

    Ich gehe aber mal davon aus, dass das zum Großteil an der Übersetzung liegt ( aus dem Lieblingswort “Kugelschreiber” wurde das Wort “Psychothriller”, was nicht einmal annähernd so lustig ist (Zitat: “Psychothriller, wieso können die sich kein eigenes Wort dafür einfallen lassen?”) und ich denke wenn der Rest der Übersetzung ähnlich gelaufen ist, dann wurde das Niveau unglaublich nach unten gezogen.

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