«Signalis» von Adrian Flückiger

«Signalis» von Adrian Flückiger

Schon Christian Morgenstern erkannte die wertvolle künstlerische Bedeutung von Wieseln. Sein ästhetisches Wiesel sass inmitten Bachgeriesel – um des Reimes Willen. Für seinen animierten Kurzfilm «Signalis» hat Adrian Flückiger ebenfalls ein Wiesel als Hauptfigur ausgesucht. Erwin sitzt  inmitten Verkehrsgeriesel. Er steuert in einer Ampel den Fluss der Autos. Das kann ganz schön eintönig sein. Aber nur wenn alles nach Plan läuft.

Der Tagesablauf von Erwin ist nach einem strengen Schema geregelt. Im mittleren, gelben Stock sind sein Bett, die Zuckerwürfel und der Kühlschrank. In der unteren, grünen Etage befinden sich der Wecker, der in um 5 Uhr zum Dienst ruft, der Esstisch, die Küchenutensilien und das dekorative Bild von der grünen Wiese. Im oberen, roten Stock warten die Kaffeemaschine, der Kochherd, der Fernseher und die Toilette. So eilt Erwin regelmässig die Treppe hoch, um danach an einer Stange in den untersten Stock zu rutschen und befriedigt während der Arbeit auch seine persönlichen Bedürfnisse.

Nach Arbeitsschluss bleibt noch genügend Zeit, um ein wenig fernzusehen. Doch eines Abends schläft Erwin vor dem Fernseher kurz ein. Weil er dadurch seine Tasse vergisst, gerät der nächste Tag ganz schön aus dem Lot. Anstatt der Tasse stellt Erwin die Giesskanne unter die Kaffeemaschine. Doch das klappt nicht wirklich. Irgendwie will sich anschliessend der geregelte Ablauf einfach nicht mehr einstellen und so verschieben sich die Phasen der Ampel. Unter Druck trifft Erwin eine folgenschwere Entscheidung, die zum befreienden Knall führt.

«Signalis» von Adrian Flückiger

Wie schon im Kurzfilm «What’s Next?», den er zusammen mit Claudia Röthlin realisierte, entwickelt Adrian Flückiger in «Signalis» aus einer einfachen, aber fantastischen Grundidee einen hinreissenden Stop-Motion-Film. Technisch überzeugen der ausgeklügelte, pulsierende Rhythmus, die lebendige Tonspur und das dynamische Zusammenspiel von Animation und Schnitt. Inhaltlich begeistert der verschmitzte Humor und die trotz reduzierten Requisiten liebevollen Details (Erwin sieht sich im Fernsehen Autorennen an, die Positionen von allen Utensilien von Erwin sind sorgfältig markiert).

Das Abenteuer des Wiesels hat sich 2009 als wahrer Abräumer an zahlreichen Festivals entpuppt. Neben zahlreichen Auszeichnungen erhielt «Signalis» auch die Publikumspreise am Fantoche, den Schweizer Jugendfilmtagen, in Lausanne und in Lodz. Zudem gewann Flückiger in Solothurn den Nachwuchspreis Suissimage/SSA und wurde für den Schweizer Filmpreis nominiert. Mehr als verdient. Dieses kleine Juwel kann ich mir immer wieder ansehen.

Bewertung: 6 Sterne

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