«Sex, Lies, and Videotape» von Soderbergh (Blu-ray)

Andie MacDowell in «Sex, Lies, and Videotape»

Anyway, being happy isn’t all that great. I mean, the last time I was really happy, I got so fat.

Seit gut zwei Jahrzehnten ist das Schicksal des unabhängigen US-Kinos beinahe auf Gedeih und Verderben mit dem Sundance Film Festival verbunden. In den 90er-Jahren konnten dort Quentin Tarantino, Robert Rodriguez, Kevin Smith und Richard Linklater entdeckt werden. Bald überboten sich die Hollywood-Studios gegenseitig, um die vielversprechendsten Projekte zu sichern. Den eigentlichen Startschuss für diese Entwicklung erfolgte 1989, als Steven Soderbergh («Traffic», «Erin Brockovich») für seinen Debütfilm «Sex, Lies, and Videotape» den Publikumspreis gewann. Zwischen Lügen und Videokassetten entdeckt ein Mauerblümchen ihre unterdrückten sexuellen Lüste.

Die Frage hört sich ganz unschuldig an: «Can I tell you something personal?» Doch die Frage fördert für die Fragestellerin peinliche Wahrheiten an die Oberfläche. Ann Bishop Mullany (Andie MacDowell) berichtet Graham Dalton (James Spader), einem Jugendfreund ihres Mannes, dass sie Sex für überbewertet findet. Noch bedeutend persönlicher wird dann aber das Geständnis von Graham. Er verrät der leicht entsetzten Ann, dass er impotent sei: «I can’t get an erection in the presence of another person.» Daher zeichnet er sexuelle Erinnerungen von Frauen auf Video auf und masturbiert später dazu. Das hätte die etwas verklemmte Ann nicht erwartet, die ihre sexuellen Probleme für gewöhnlich bei ihrem Therapeuten deponiert.

Alles andere als impotent ist hingegen John Mullany (Peter Gallagher), der Gatte von Ann. Da er aber von seiner Frau, die mittlerweile nicht einmal mehr seine Berührungen ertragen kann, immer nur abgewiesen wird, treibt er es mit der zügellosen Cynthia (Laura San Giacomo). Die ungezwungene Cynthia amüsiert sich ganz besonders über diese Affäre, weil sie die Schwester von Ann ist und nicht gerade viel von ihrer braven Schwester mit ihren spiessigen Ansichten hält. Die Ankunft von Graham sorgt dafür, dass die Gefühle und die nicht allzu ordentlichen Abläufe im Alltag von Ann, John und Cynthia so richtig durcheinander geraten.

James Spader in «Sex, Lies, and Videotape»

Für sein Regiedebüt erhielt Steven Soderbergh in Cannes gleich die Goldene Palme und eine Oscar-Nomination als Drehbuchautor. Dabei ist «Sex, Lies, and Videotape» im Gegensatz zu seinen späteren Filmen ein inhaltlich und formal eher gradlinig, fast schon bieder erzähltes Drama. Die Kraft bezieht der Film aus den überragenden Darstellern und dem straffen Drehbuch, in dem Soderbergh schonungslos die bürgerlichen Moralvorstellungen dekonstruiert. Dadurch ist das Drama auch 20 Jahre später noch geniessbar. Neben den privaten Enthüllungen sorgt besonders die unschmeichelhafte Darstellung des Ehelebens für Vergnügen. Ganz köstlich ist die Szene beim Abendessen, in der John die Kochkünste seiner Frau kritisiert, weil sie zuviel Salz verwendet: «I always tell her, you can always add more, but you can’t take it away.»

Die Bildqualität der Blu-ray-Disc von diesem relativ günstig produzierten Film kommt natürlich nicht an die vorbildlichsten Produktionen heran. Negativ fällt vor allem in den dunklen Bildflächen ein teilweise starkes Rauschen auf. Doch die Bildqualität übertrifft jede DVD dennoch bei weitem: die Gesichter sind wunderbar scharf, und der Eindruck einer Filmkopie wird eindrücklich reproduziert. Dadurch wird die intime Atmosphäre des Films verstärkt. Einen Beitrag dazu liefert auch die Tonspur in Dolby TrueHD 5.1, die ihre Aufgabe vor allem dadurch erfüllt, dass sie die Dialoge klar und sauber wiedergibt.

Die Videobeiträge des Bonusmaterials sind ziemlich bescheiden. Zwar wurde anlässlich einer Jubiläumsvorstellung am Sundance Film Festival von 2009 ein Beitrag erstellt, der aber lediglich 3 Minuten dauert und daher gerade einmal an der Oberfläche schürft. Etwas informativer sind eine entfallene Szene (mit Audiokommentar von Soderbergh) sowie einige kurze Gedanken von Soderbergh (8 Minuten). Grossartig ist der etwa 1998 aufgenommene Audiokommentar, auf dem sich Soderbergh mit seinem Berufskollegen Neil LaBute über den Film unterhält. Soderbergh erwähnt, wie er den «naive enthusiasm» von damals vermisst. Bescheiden meint er zudem, dass er mehr oder weniger einfach Ideen aus anderen Filmen gestohlen habe und zählt «Barry Lyndon», «To Live and Die in L.A.» und «Carnal Knowledge» als Einflüsse auf.

Bewertung: 5 Sterne
Bild-/Tonqualität (Blu-ray): 4 Sterne
Bonusmaterial (Blu-ray):
4 Sterne

(Bilder: © Sony Pictures Home Entertainment)

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