«Die Nagelprobe» von Luke Gasser

Irène Ludin und Polo Hofer in «Die Nagelprobe»

Das isch es alts Stuck Holz, meh nöd.

Manchmal können selbst bescheidene Erwartungen nicht vor einer Ernüchterung schützen. Der Innerschweizer Musiker Luke Gasser versucht sich schon seit über zehn Jahren immer wieder mehr oder weniger erfolgreich als Filmemacher. Praktisch in Eigenregie hat er schon einige beachtliche Produktionen auf die Beine gestellt, die sich um historische Ereignisse oder Legenden drehen. Auch in «Die Nagelprobe» steht eine Sage aus der Innerschweiz im Mittelpunkt. Umrahmt wird sie aber von einer sehr behäbig inszenierten Geschichte in der Gegenwart.

Auf einer Baustelle in einem Ried in der Obwaldner Gemeinde Giswil stossen die Arbeiter auf eine seltsames Brett mit Nägeln. Obschon sich der Bauleiter gegen eine Einmischung von Historikern wehrt, benachrichtigt Thomi Zumstein (Florian Spichtig) seine ehemalige Freundin Nina (Irène Ludin), eine junge Archäologin beim Kanton. Sie taucht wenig später mit ihrem Vorgesetzten Aschwanden (Polo Hofer) an der Fundstelle auf. Wie sich nach einer Analyse herausstellt, ist der Fund ein mittelalterliches Objekt. Daran hat der lokale Standortförderer Theo Bertschi (René Rindlisbacher) überhaupt keine Freude, denn ein Baustopp könnte den Fortschritt im Tal aufhalten. Davon kann er auch Aschwanden überzeugen, der den Fund totschweigt.

Doch Nina lässt das Artefakt keine Ruhe. Seit das Brett aufgetaucht ist, sieht sie Menschen und hört Stimmen, die sonst niemand wahrnimmt. Schliesslich sucht Nina Rat bei der Spiritistin Petra (Pat Treyer), die vor den Erscheinungen warnt: Der Kontakt mit gefallenen Seelen sei ein gefährliches Spiel. Doch diese Warnung kommt bereits zu spät. Nina tritt immer wieder in Kontakt mit den Gesellen aus dem 14. Jahrhundert, die in einer stürmischen Karfreitagsnacht mit ihren Äxten und Schwertern auszogen, Obwaldens Ehre zu retten und die Entlebucher das Fürchten zu lehren: Der Baggel-Rot (Beppi Baggenstos), der Bichel-Botsch (Rolf von Moos), der Buggel-Wyyss (Andreas Niederberger), der Brandi-Guchs (Gerhard Halter) und der Mattli-Latz (Benny Vogler).

«Die Nagelprobe»

Die Filme von Luke Gasser sind noch nie durch äusserst glanzvolle Produktionswerte aufgefallen. Die Darsteller weisen das Niveau von Laienschauspielern auf, die Kameraarbeit ist meist einfallslos und bieder, und die Dialoge sind so hölzern, dass sogar Profischauspieler ihre liebe Mühe damit hätten. Das hat mich an «Baschis Vergeltung» und «Fremds Land», die ich durchaus positiv in Erinnerung habe, nicht sonderlich gestört. Auch «Die Nagelprobe» unterhält trotz dieser Schwächen zunächst noch ordentlich. Doch je länger der Film dauert, umso schmerzhafter wird die handgestrickte Inszenierung. Als dann Polo Hofer und René Rindlisbacher für eine Unterhaltung ins Pissoir verbannt werden, geht die Toleranz endgültig den Abfluss runter.

Das Thema von «Die Nagelprobe» ist durchaus spannend. Doch das Drehbuch weisst nicht einmal eine stringente Struktur auf. Zu viel Zeit wird zu Beginn mit der Einführung der Hauptfiguren aus der Gegenwart verschwendet, als dass später noch ausreichend Raum für die Mittelalter-Geschichte bleibt. Diese Schwäche des Drehbuchs wird wiederum ideal durch die Szene im Pissoir veranschaulicht, in der die Figur von Rindlisbacher ausführlich erklärt, wie aus ihm eine so unausstehliche Person geworden ist. Das ist vollkommen nebensächlich und lenkt lediglich von der Hauptgeschichte ab. Wer aber gerne bärtige Männer in Fellkostümen durch den Schnee stampfen sieht und erfahren möchte, welche Fehler bei einer Do-It-Yourself-Produktion zu vermeiden sind, sieht sich «Die Nagelprobe» auf alle Fälle an.

Fazit: «Die Nagelprobe» ist eine sehr behäbig erzählte Mischung aus Drama und Sage, die durch zu viele weiche Faktoren verwässert wird.

Bewertung: 2 Sterne

(Bilder: © 2010 Frenetic Films)

Mehr zum Thema:
Interview mit Luke Gasser (2. März 2010)

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