«The Dark Knight» von Christopher Nolan (Blu-ray)

Die «Titanic» hat er nicht versenkt. Dennoch war «The Dark Knight» ganz klar das Kinoereignis des Jahres. Auf Blu-ray-Disc büsst das Spektakel wenig von seiner Wirkung ein. Das Bonusmaterial lässt erkennen, wieso Regisseur Christopher Nolan alle anderen Superhelden übertrumpft. Das liegt nämlich nicht nur daran, dass er Batman in «The Dark Knight» an seine Grenzen stossen lässt, indem er ihm einem unbesiegbaren Bösewicht gegenüberstellt.

Ein Jahr nach «Batman Begins» haben sich die Zeiten in Gotham City geändert. Die Meister der Unterwelt sind plötzlich nicht mehr unantastbar. Die Gesetzeshüter und der neue Staatsanwalt Harvey Dent (Aaron Eckhart) machen ihnen das Leben schwer. Verfolgt werden die Kriminellen auch an allen Ecken der Stadt von Batman-Nachahmern. Der wahre Fledermausmann (Christian Bale) ist darüber wenig erfreut. Dabei könnte er durchaus ein wenig Hilfe gebrauchen.

Gleich zu Beginn des Films überfallt eine maskierte Bande eine Bank. Der Manager (William Fichtner) kann es kaum fassen, denn das Geld im Tresor gehört den organisierten Verbrechern. Als der Anführer der Bande seine Maske abzieht, verbirgt sich darunter ein abscheulich geschminktes Gesicht. Es ist der Joker (Heath Ledger), der dem sterbenden Manager erklärt: «I believe whatever doesn’t kill you, simply makes you… stranger.» Was dich nicht umbringt, macht dich… seltsamer.

Der Joker stiehlt zwar den Kriminellen die Kohle, macht ihnen aber auch ein verlockendes Angebot: Gegen die Hälfte von ihrem Vermögen wird er Batman aus dem Weg räumen. Die Spielfiguren sind angeordnet. Auf der Seite von Bruce Wayne stehen auch noch sein Butler Alfred (Michael Caine), der Entwickler Lucius Fox (Morgan Freeman), Polizeileutnant Gordon (Gary Oldman) und Waynes frühere Freundin Rachel Dawes (Maggie Gyllenhaal), die nun mit Dent liiert ist. Doch der Joker ist unberechenbar und fügt sich ganz dem Chaos. Auf welcher Seite Dent steht, muss sich erst noch weisen.

Musste sich Batman in «Batman Begins» erst noch selbst finden, wird ihm diese Aufgabe in «The Dark Knight» ungemein erleichtert. Der Held wird bekanntlich erst durch den Bösewicht definiert. Fürchterlicher als der Joker lässt sich ein Gegenspieler von Batman kaum vorstellen. Der anarchistische Psychopath hat eine unstillbare Freude am Schmerzen seiner Feinde. Und der Joker kann immer noch eine Karte ausspielen, ist auf jede noch so unplanbare Situation vorbereitet.

Derweil versucht Batman verzweifelt Ordnung in die dunkle Welt von Gotham zu bringen. So bemerkt der Joker einmal treffend über die Dualität der beiden Kontrahenten: «You complete me.» Sie ergänzen sich. Wo auch immer der dunkle Ritter für erleuchtende Sicherheit sorgt, ist auch schon der Joker zur Stelle, um die Kerze auszublasen und Terror zu verbreiten. Die Gegensätze stehen ganz im Zentrum von «The Dark Knight» und werden schliesslich durch Harvey Dent verkörpert, der sein Glück ständig einer Münze überlässt.

Da sich der Joker nicht vor dem Tod fürchtet, wird die Aufgabe für Batman noch unüberwindbarer. Und der Joker ist ein Meister grausamer psychologischer Spiele. Er möchte zwar die Identität von Batman erfahren, doch als ein Angestellter von Wayne Enterprises ankündigt, das Geheimnis zu lüften, droht er der Stadt, ein Krankenhaus in die Luft zu sprengen, falls der Angestellte nicht getötet wird. Der Joker will nichts geringeres als die Seele von Gotham City verderben und die Stadt in finsterste Dunkelheit stürzen.

Wo sind nun die Grenzen im Kampf gegen diesen unmenschlichen Bösewicht? Welche Mittel sind zur Rettung der Menschheit erlaubt? Wann opfern wir unsere Menschlichkeit? Viele Elemente der Handlung lassen sich in der gegenwärtigen Zeit als Interpretation von aktuellen politischen Gegebenheiten deuten. Da versucht Batman den Aufenthaltsort von zwei Geiseln aus dem Joker herauszuprügeln. Später benutzt er ein uneingeschränktes Abhörsystem, um den Joker ausfindig zu machen. Da sind die Parallelen zu den Methoden der Folterregierung von George W. Bush nicht von der Hand zu weisen.

Doch Batman hält sich zumindest an eine klare Regel: Er tötet nicht. Das fehlende Druckmittel bringt ihn dieses Mal fast zur Verzweiflung. Darüber kann der Joker nur lachen: «You won’t kill me out of some misplaced sense of self-righteousness, and I won’t kill you, because you’re just too much fun. I think you and I are destined to do this forever.» Eine unanbegrachte Selbstgerechtigkeit halte Batman vom Töten ab, während der Joker einfach zu viel Spass an diesem Kampf habe, den sie ewig fortführen werden. Da irrt sich der Joker allerdings.

Das Drehbuch von Regisseur Christopher Nolan und seinem Bruder Jonathan Nolan behandelt in aller Ausführlichkeit die moralischen Untiefen im Kampf gegen das Böse. Dabei erweist es sich als wahre Fundgrube für Zitate: «You either die a hero or you live long enough to see yourself become the villain.» Entweder stirbst du als Held oder du lebst lange genug, um dich in den Bösewicht zu verwandeln. Doch das Brüdergespann lockert die düstere und introvertierte Stimmung auch immer wieder durch freche Sprüche auf. Die öffentlichen Auftritte von Bruce Wayne sind immer wieder herrlich selbstironisch.

Die Besetzung ist bis in kleinste Rollen überzeugend. Cillian Murphy hat einen kurzen Auftritt als Scarecrow, und Eric Roberts spielt einen zynischen Mafiaboss. Über allen thront aber wirklich der unkenntliche Heath Ledger, der sich genüsslich in der abgrundtiefen Bösartigkeit des Jokers wälzt. Nolan gibt ihm den nötigen Raum, um seine fanatische Gefährlichkeit voll auszuspielen. Der beängstigende Eindruck wird ganz bestimmt durch die Maske verstärkt, doch Ledger liefert hier tatsächlich eine unnachahmliche Interpretation der Figur ab.

Auch die narrative und technische Umsetzung lässt nur wenige Wünsche offen. Nolan inszeniert die Actionszenen mit viel Knackigkeit. Da ist zwar nicht viel Neues zu sehen, aber dafür ist immer die Dringlichkeit der Ereignisse und die unaufhaltbare Bedrohung zu spüren. Gegen Ende sind dann einige Szenen etwas unübersichtlich choreografiert, doch die Spannung bleibt stets aufrecht erhalten. Die Handlung ist fast schon ein wenig zu überfrachtet. Doch das darf einem solchen Blockbuster ganz bestimmt nicht zum Vorwurf gemacht werden. Da ist es nämlich eine reine Freude, wenn sich ein derart grosses Publikum für einen so komplexen Film findet. Nur weiter so, Christopher Nolan!

Auf der Blu-ray-Disc erstrahlt der meist sehr dunkle Film in bester Qualität. Die Tonabmischung in Dolby TrueHD 5.1 ist seht wuchtig, aber irgendwie hatte ich den Eindruck, dass hauptsächlich die vorderen Kanäle ausgelastet werden. Bezüglich Bonusmaterial bespreche ich hier die Extras auf der Doppel-Blu-ray-Disc im Steelbook, die aber scheinbar identisch sind mit den Extras auf der (günstigeren) regulären Doppel-Blu-ray-Disc.

Der Film lässt sich mit sogenannten «Focus Points» abspielen, die es an gewissen Stellen erlauben, kurze Dokumentationen abzurufen. Diese Einspielungen lassen sich aber auch als integrale, 64-minütige Dokumentation «Gotham Uncovered» (in HD) abspielen. Wer sieht sich schon zweimal den Film an, um in dann zu unterbrechen? Die Dokumentation geht vor allem auf die technischen Herausforderungen ein. Hier wird auch klar, wieso «The Dark Knight» herausragendes Action-Kino ist: visuelle Effekte wurden hauptsächlich eingesetzt, um störende Objekte aus den überwältigenden Stunt-Sequenzen zu entfernen. Die sind nämlich nicht im Computer, sondern in den Strassen von Chicago entstanden.

Auch das Material auf der zweiten Blu-ray-Disc ist nicht zu verachten. Zwei je 46-minütige Berichte sind ebenfalls in High Definition enthalten. Eine beschäftigt sich mit den technischen Geräten, die andere mit der Psyche von Bruce Wayne. Da kommen etwa Theorien von C. G. Jung über Bewusstsein und Unterbewusstsein und die verschiedenen Identitäten von Wayne zum Einsatz. Sechs Episoden von «Gotham Tonight», der Nachrichtensendung aus Gotham, erweitern zudem das Universum von «The Dark Knight». Bildergalerien und Trailer runden das Angebot ab.

Film: 6 Sterne
Bildqualität (Blu-ray): 6 Sterne
Tonqualität (Blu-ray): 5 Sterne
Bonusmaterial (Blu-ray): 5 Sterne

(Bilder: ©Warner Bros.)

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