«Humpday» von Lynn Shelton

Mark Duplass und Joshua Leonard in «Humpday»

You are far cooler than you look.

Die äussere Erscheinung kann täuschend sein. Besonders wie wir uns selbst sehen, entspricht nicht immer ganz dem Eindruck, den wir auf andere Personen erzeugen. Das müssen auch die beiden Mitdreissiger Ben und Andrew erfahren. Regisseurin Lynn Shelton schickt die beiden Männer in ihrem humorvollen Drama «Humpday» auf eine Reise der Selbstfindung. Ob sie dazu auch miteinander Sex haben müssen, sind sie sich nicht ganz sicher.

Die Wege von Ben (Mark Duplass) und Andrew (Joshua Leonard) haben sich nach dem College getrennt. Ben hat mittlerweile Beruf, Frau, Haus und vielleicht auch bald ein Kind. Ein richtig bürgerliches Leben. Da taucht mitten in der Nacht der beste Freund wieder in seinem Leben auf. Andrew ist ein Weltenbummler mit künstlerischen Ambitionen. Ben fühlt sich durch ihn wieder an die Freiheiten seiner Jugend erinnert. Doch ist ein Ausbruch aus dem Alltag und eine Rückkehr in die Unbeschwertheit überhaupt noch möglich?

Bei einem ausgelassenen Abend in einer Künstler-WG ist Ben zunächst vom unkonventionellen Lebensstil überwältigt, versucht dann aber bald, die Fesseln des bürgerlichen Lebens abzustreifen. Als Andrew von einem Filmfestival für Amateur-Pornos erzählt, macht Ben den Vorschlag, dass sie miteinander Sex haben sollen. Sex zwischen den beiden heterosexuellen Freunden sei jenseits von schwul und somit Ausdruck einer künstlerischen Zwangslosigkeit. Jetzt muss Ben nur noch die Einwilligung von seiner Frau Anna (Alycia Delmore) erhalten.

Mark Duplass und Alycia Delmore in «Humpday»

«Humpday» ist der erste Vertreter eines neuen unabhängigen US-Kinos, der auf Schweizer Leinwänden zu sehen ist. Für die neue Bewegung von «Do It Yourself»-Filmemachern wird gelegentlich auch der Begriff «Mumblecore» verwendet. Das Budget dieser Filme ist für gewöhnlich sehr gering, die filmischen Mittel dadurch beschränkt. Die Inszenierung ist somit simpel, meist auf alltägliche Schauplätze beschränkt, und die Dialoge fühlen sich oftmals improvisiert an. Durch die reduzierten Mittel erinnern die Mumblecore-Werke auch an Dogma-Filme.

«Humpday»-Hauptdarsteller Mark Duplass gehört zusammen mit seinem Bruder Jay Duplass zu den Mitbegründern dieser Bewegung. Regisseurin und Drehbuchautorin Lynn Shelton sieht sich zwar lieber als Vertreterin des unabhängigen US-Kinos, ihr Film erfüllt aber formal und inhaltlich die Definition von Mumblecore. Ihre Figuren und Dialoge sind aus dem Leben gegriffen, viele Konversationen humorvoll und vor allem sehr ehrlich. Die Szenen sind teilweise so alltäglich, dass sie schon beinahe banal sind. Für die nötige Spannung sorgt die intime Nähe zu den Figuren und das ungezwungene Spiel der Darsteller.

Shelton lässt ihre beiden Hauptfiguren ungeschminkt die hinterhältigen Fallen einer neuen Phase ihres Lebens entdecken. Sie geben zunächst noch vor, sich im Wandel der Zeit nicht verändert zu haben. Doch ihre Weigerung, die alten Vorstellungen an die neue Wirklichkeit anzupassen, hat zur Folge, dass sich sich immer tiefer in ein Lügengebilde verstricken, das bis zur metaphorischen Entblössung am Ende führt.

Fazit: «Humpday» ist eine amüsante und entspannte Betrachtung einer verzwickten Männerfreundschaft.

Bewertung: 4 Sterne

(Bilder: ©2009 Xenix)

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