«Frozen River» von Courtney Hunt

Melissa Leo in «Frozen River»

If they want to come here so bad, they should take the time to learn English.

Wer verzweifelt ist, wagt auch einmal eine illegale Tat. Davon erzählt Courtney Hunt in ihrem Regiedebüt «Frozen River». Zwei Frauen in Existenznöten überqueren einen gefrorenen Fluss, um Menschen über die Grenzen zu schmuggeln. Dabei riskieren sie nicht nur eine Verhaftung, sondern auch ihr Leben.

Ray (Melissa Leo) lebt mit ihren zwei Kindern in einem kleinen und schlecht isolierten Fertighaus in einem Ort an der Grenze des Staates New York zu Kanada. Ihr mageres Einkommen hat sie sich für den Kauf eines doppelt so grossen, modernen mobilen Heims angespart. Doch bevor die neue Bleibe angeliefert wird, hat sich ihr spielsüchtiger Mann mit dem Geld davongemacht. Die Träume lösen sich abrupt in Luft auf. Wenn sie nicht innert kurzer Zeit das notwendige Geld auftreibt, ist auch die Anzahlung verloren.

Obschon Ray keine Lust, ihren Mann zu finden, stösst sie auf sein Auto. Sie folgt dem Fahrzeug und trifft dabei die Mohawk-Indianerin Lila (Misty Upham), die es an einer Bushaltestelle gefunden hat. Lila ist seit dem Tod ihres Mannes eine ausgestossene im Mohawk-Reservat, das sich auf beiden Seiten des Flusses Saint Lawrence über zwei Länder erstreckt. Da Lila ebenfalls auf Geld angewiesen ist, unterbreitet sie Ray ein riskantes Angebot. Durch den Schmuggel von Immigranten über den gefrorenen Saint Lawrence sollen sie zu schnellem Geld kommen.

Melissa Leo und Michael O'Keefe in «Frozen River»

Ray und Lila sind so ziemlich die armseligsten Geschöpfe, die in den letzten Jahren auf der Leinwand zu sehen waren. Beide sind äusserst naiv und handeln lieber impulsiv anstatt überlegt. Das führt sie immer wieder in Schwierigkeiten. Ray ist zudem auch voller Vorurteile und flucht gerne über ihre Fracht. Wenn die Immigranten schon unbedingt in die USA wollen, sollen sie doch wenigstens Englisch lernen. Lila wiederum ist extrem bockig und verzichtet daher auch auf eine Brille, die ihre behindernde Sehschwäche beheben würde.

Die Voreingenommenheit von Ray führt dann auch zu einigen abstrusen Szenen. Sie wirft eine Tasche von Pakistanern mitten auf dem Fluss vorsichtshalber aus dem Auto. Schliesslich könnte sich darin eine Bombe befinden. Allerdings war darin das Baby des Ehepaares. Keine Sorge, als die Schmugglerinnen nach schätzungsweise einer halben oder einer ganzen Stunde zurückkehren, ist das Baby zwar zuerst noch gefroren, nach dem Auftauen aber immer noch wohlauf. Mag sein, dass solch tiefgekühltes Leben tatsächlich möglich ist, besonders glaubwürdig ist die Szene trotzdem nicht.

Auch sonst verhalten sich die beiden Hauptfiguren selten auch nur halbwegs rational. Mir fällt es daher ziemlich schwer, Mitgefühl für sie zu Empfinden. Das war aber vielleicht auch gar nicht die Absicht von Regisseurin und Drehbuchautorin Courtney Hunt. Sie orientiert sich ganz am Elend ihrer Figuren und bietet kaum einen Hoffnungsschimmer. Aus dem kärglichen Dasein gibt es einfach kein Entrinnen. Die Inszenierung ist dementsprechend konsequent trostlos. Vielleicht kann ich diesem trüben Drama gerade aus diesem Grund nicht wirklich viel abgewinnen. Die geschilderte Situation mag der Realität entsprechen, auf mich wirkt die ausweglose Armut dennoch wie ein übertriebenes Klischee.

Fazit: «Frozen River» ist ein nüchternes Drama, das durch seine hoffnungslosen Figuren entweder Betroffenheit oder einfach nur Entsetzen auslöst.

Bewertung: 2 Sterne

(Bilder: ©Xenix Filmdistribution GmbH)

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