«Charlie Wilson’s War» von Mike Nichols

Tom Hanks in «Charlie Wilsons War»

These things happened. They were glorious and they changed the world… and then we fucked up the endgame.

1980 sitzt Charlie Wilson (Tom Hanks), Kongressabgeordneter aus Texas, gerade mit zwei Stripperinnen, einem Playmate und einem Hollywood-Produzenten in Las Vegas nackt in einem Sprudelbad, als seine Aufmerksamkeit auf einen Fernsehbeitrag gelenkt wird. Der mittlerweile legendäre Korrespondent Dan Rather berichtete damals in traditioneller afghanischer Kleidung, wie die Sowjets in Afghanistan einmarschiert sind und die Bevölkerung foltern. Er weist aber vor allem auch darauf hin, dass die Mudschaheddin versuchen, mit veralteten Waffen den Vormarsch der Sowjets zu verhindern.

Wilson verdoppelt am nächsten Tag das geheime Budget für verdeckte Operationen von 5 auf 10 Millionen Dollar. Doch mit diesem Betrag können die afghanischen Krieger nicht wirklich für den Kampf gegen die sowjetischen Helikopter ausgerüstet werden. Wilson sucht daher die Unterstützung von zwei zumindest in diesem Punkt Gleichgesinnten. Da ist einerseits die stinkreiche texanische Gesellschaftsdame Joanne Herring (Julia Roberts), die in Washington ihren Einfluss wirken lässt, andererseits der ungehobelte und gradlinige CIA-Agent Gust Avrakotos (Philip Seymour Hoffman), der für das nötige Fachwissen sorgt.

Julia Roberts in «Charlie Wilsons War»

Das ungewöhnliche Trio sorgt in kurzer Zeit dafür, dass das Budget für den Stellvertreterkrieg auf eine halbe Milliarde gesteigert wird, und dass die Mudschaheddin mit modernster Technologie in der Lage sind, die feindlichen Helikopter, Flugzeuge und Panzer zu vernichten. Doch auf dem Höhepunkt der Operation, dem Abzug der sowjetischen Truppen, macht sich plötzlich Katerstimmung breit. Die Regierung, die zuvor mit Riesensummen einen geheimen Krieg finanziert hat, ist nun nicht mehr bereit, auch nur kleine Summen für den Aufbau einer Zivilisation zu investieren. Das Resultat dieser kurzsichtigen Politik ist der Welt spätestens seit dem 11. September 2001 bekannt.

Die Geschichte vom ungewöhnlichen Politiker, der schon am Morgen ein Glas Whiskey in der Hand hält und dessen Belegschaft einzig aus bildhübschen jungen Frauen besteht (einfache Begründung: «You can teach them to type, but you can’t teach them to grow tits»), war einfach zu verlockend, als dass sie nicht früher oder später für die Leinwand umgesetzt worden wäre. Entstanden ist eine leicht zwiespältige Mischung aus scharfzüngiger Satire und der Anklage von unüberlegten politischen Entscheiden. Der zweite Teil wird nämlich durch den patriotischen Jubel über abgeschossenes Kriegsmaterial etwas gar verwässert. Durch die Argumentation, dass die Niederlage der Sowjets in Afghanistan der Hauptgrund für das Auseinanderbrechen der UdSSR war, wird Charlie Wilson zum Retter der freien Welt.

Tom Hanks, Philip Seymour Hoffman und Christopher Denham in «Charlie Wilsons War»

Für das Drehbuch zur politischen Parabel «Charlie Wilson’s War» wurde Aaron Sorkin engagiert, der sich schon mehrfach mit politischem Material profiliert hat, zuletzt vor allem mit der Fernsehserie «The West Wing». Er vermag die komplexen Zusammenhänge auf einige wenige Schlüsselszenen zu reduzieren, die er mit reichlich spitzer Feder und zynischen Kommentaren über die Heuchelei in Washington anreichert. Die Reduktion auf das Notwendigste ist zwar eine Stärke, führt allerdings auch zu einigen störenden Vereinfachungen.

Inszeniert hat das Ganze der renommierte Regisseur Mike Nichols, der allerdings nicht mehr an seine Glanzzeiten anknüpfen kann. «Charlie Wilson’s War» lässt die Spritzigkeit von «The Graduate» (1967) und selbst den Glanz von «The Closer» (2004) vermissen. Auf die dürftig gelungenen, an alte Computerspiele erinnernden Spezialeffekte in Afghanistan wäre zudem besser verzichtet worden. So bleibt die Last letztlich an Hanks, Roberts und Hoffman hängen. Das Trio meistert die Aufgabe glänzend und legt fröhlich kokettierend sein Talent an den Tag. Insbesondere die Szenen zwischen Hanks und Hoffman sind genüssliche Leckerbissen, welche die Satire über reines Mittelmass zu heben vermögen.

Fazit: «Charlie Wilson’s War» ist eine nachdenklich stimmende Politsatire, die vor allem durch die Hauptdarsteller zu glänzen vermag.

Bewertung: 4 Sterne

(Bilder: ©Universal Pictures)

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