«The Darjeeling Limited» von Wes Anderson

Jason Schwartzman, Owen Wilson und Adrien Brody in «The Darjeeling Limited»

I wonder if the three of us would’ve been friends in real life. Not as brothers, but as people.

Etwa alle drei Jahre kommt ein Film von Wes Anderson in die Kinos. Das dauert zwar immer ein wenig zu lange, das Resultat sorgt dafür aber immer für höchsten Genuss. Anderson stattet sein einzigartiges Universum mit liebevoll schrägen Figuren aus, die für herzhaft bösen Humor sorgen. Wie zuvor «Rushmore», «The Royal Tenenbaums» und «The Life Aquatic with Steve Zissou» ist auch «The Darjeeling Limited» ein Meisterwerk der zurückhaltenden Leidenschaft.

Die drei Brüder Francis (Owen Wilson), Peter (Adrien Brody) und Jack (Jason Schwartzman) haben sich zum letzten Mal vor einem Jahr an der Beerdigung ihres Vaters J. L. Whitman gesehen. Nachdem Francis bei einem Unfall beinahe selbst gestorben ist, hat er nun seine jüngeren Brüder nach Indien bestellt, wo sie auf einer spirituellen Reise wieder zueinander finden sollen. Doch die Zugreise im «Darjeeling Limited» öffnet zuerst einmal tief sitzende Wunden.

Jason Schwartzman, Adrien Brody und Owen Wilson in «The Darjeeling Limited»

Wie beim Schälen einer Zwiebel legt Wes Anderson allmählich die emotionalen Ebenen seiner Figuren frei. Sie leiden unter dem Tod ihres Vaters, vermissen die seit der Beerdigung abwesende Mutter und konstruieren dadurch auch in ihren Beziehungen zu anderen Menschen unüberwindbare Hindernisse. Das eigentliche Thema sind also die unterentwickelten Gefühle der drei Brüder, die auf Grund ihrer mangelnden Fähigkeit, ihre Bedürfnisse offen zu kommunizieren, nicht aufblühen können. Emotional distanziert lassen sich diese höchst amüsanten Gefechte zwischen den Brüdern geniessen.

Markenzeichen von Anderson ist nicht zuletzt der ausgefallene Humor, der immer leicht am exzentrischen kratzt, aber dennoch immer nachvollziehbar bleibt. Der leicht bizarre Humor entsteht aus den merkwürdigen Beziehungen der Hauptfiguren, die sich gleichermassen lieben und hassen. Der Humor dient aber auch immer als Ausdruck für die Gefühlswelt der Protagonisten. Ein spezieller Running Gag im eigentlichen Sinne ist der immer wieder vorkommende Sprint auf den davon fahrenden Zug. Die Brüder Whitman rennen wahrlich dem Leben hinterher. Aber auch die Auseinandersetzungen über die Hinterlassenschaften ihres Vaters – die drei Brüder reisen mit dem Gepäck des Vaters durch Indien – sind köstlich aufschlussreich.

Weitere Merkmale der Filme von Anderson sind auf formaler Ebene zu finden. Immer wieder fallen die ausdrucksstarken Tableaus auf, die bis ins letzte Detail delikat gestaltet sind und entweder als Standbilder zu Entdeckungen einladen oder durch ausgeklügelte Kameraschwenks oder -fahrten dauernd verblüffen und faszinieren. Auf der Tonspur wird der einfühlsame Pastiche durch «Where Do You Go To (My Lovely)» von Peter Sarstedt, «Clair de lune (Suite bergamasque)» von Claude Debussy sowie Musik aus Filmen von Satyajit Ray sowie Merchant und Ivory abgerundet.

Jason Schwartzman und Natalie Portman in «Hotel Chevalier»

«The Darjeeling Limited» ist schon beinahe eine Familienproduktion. Das Drehbuch haben nämlich Anderson, Schwartzman und Roman Coppola geschrieben. Schwartzman ist der Cousin von Roman Coppola, dem Bruder der Regisseurin Sofia Coppola, die einmal die Freundin von Anderson war. Auch bei der Besetzung stellt sich eine familiäre Atmosphäre ein: Owen Wilson ist bisher in jedem Film von seinem Jugendfreund Anderson zu sehen, Schwartzman spielt die Hauptrolle in «Rushmore», Kumar Pallana ist auch fast immer dabei, und Anjelica Huston übernahm schon in «The Royal Tenenbaums» und «The Life Aquatic with Steve Zissou» mütterliche Rollen.

Eine weitere Besonderheit an «The Darjeeling Limited» ist der vorangestellte Kurzfilm «Hotel Chevalier» (Bild 3), in dem eine Episode aus der Vorgeschichte von Jack geschildert wird. Jack war vor dem Zusammentreffen mit seinen Brüdern vor seiner Freundin (Natalie Portman) in ein Hotel in Paris geflüchtet. Dort macht sie ihn allerdings ausfindig und verbringt einen Abend mit ihm. Da «Hotel Chevalier» integraler Bestandteil von «The Darjeeling Limited» ist, trifft die Bezeichnung Prolog die Funktion des Kurzfilms am besten.

Fazit: «The Darjeeling Limited» ist ein neuerliches Meisterwerk von Wes Anderson, der gekonnt auf der Klaviatur der grossen und kleinen Gefühle spielt.

Bewertung: 6 Sterne

(Fotos: ©Twentieth Century Fox Home Entertainment)

Ein Kommentar to “«The Darjeeling Limited» von Wes Anderson”

  1. dave says:

    Der Film war wirklich grandios, ist aber schon wieder ne Weile her.. Ich freu mich schon viel mehr auf den neuen Wes Anderson, diesmal etwas anders.. The Fantastic Mr. Fox, liebevollste Stop-Motion nach einem Buch von Roald Dahl.

    http://www.youtube.com/watch?v=BN9VS2uwoJ0

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