«Where the Wild Things Are» von Spike Jonze

Max Records und KW in «Where the Wild Things Are»

Let the wild rumpus start!

Das Kinderbuch «Where the Wild Things Are» von Maurice Sendak enthält gerade einmal knapp 250 Wörter und 18 Zeichnungen. Wie wird aus einer derart kurzen Geschichte bloss ein Spielfilm? Durch die hinreissend ausufernde Fantasie von Regisseur Spike Jonze und seines Co-Drehbuchautoren Dave Eggers («Away We Go»). Die beiden verwandelten den Klassiker in eine reichhaltige Reise in die unbändige Vorstellung eines Jungen.

Im Bilderbuch ist die Geschichte ganz einfach: Der Junge Max stellt Unfug an und wird deswegen ohne Abendessen in sein Zimmer verbannt. Dort flüchtet er in seinen Gedanken auf eine Insel mit wilden Gestalten, von denen er zum König ernannt wird. Gemeinsam sorgen sie für jede Menge Krach. Bis sich Max einsam fühlt und sich an einen Ort wünscht, wo ihn jemand liebt. Als er wieder aus seiner Fantasie aufwacht, steht ein warmes Abendessen in seinem Zimmer.

Für den Kinofilm wurde die Handlung ein wenig ausgebaut. Max (Max Records) hat eine ältere Schwester, die ihn ignoriert, und eine alleinstehende Mutter (Catherine Keener), die sich zwar liebevoll um ihren Sohn kümmert, aber auch eigene Bedürfnis hat. Als sich Max an einem Abend wegen dem anwesenden Freund seiner Mutter vollkommen daneben verhält, kommt es zu einem Konflikt. Max rennt davon und landet schliesslich mit einem Boot auf einer Insel.

Hier leben die wilden Dinge, die sich gerade selber nicht allzu gut verstehen. Carol (Stimme von James Gandolfini) ist in Zerstörungslaune, weil KW (Lauren Ambrose) neue Freunde gefunden hat. Die Gruppe von wilden Dingen befürchtet, dass sie auseinanderbrechen werden. Das sorgt für Frustrationen. Nur mit Mühe kann Max die wilden Dinge davon überzeugen, ihn nicht aufzufressen. Er sei König von Wikingern gewesen, erzählt er den wilden Dingen und lässt sich auch hier zum König bestimmen. Danach schlägt er vor, dass die wilden Dinge eine Festung bauen, in der sie immer zusammen glücklich sein können.

Douglas, Max Records und KW in «Where the Wild Things Are»

Max kann sich zwar in eine alternative Welt flüchten, aber auch auf der fernen Insel gelingt es ihm natürlich nicht, seine persönlichen Probleme zu verdrängen. Zwischendurch mag vielleicht ein wildes Spiel für ein wenig Ablenkung sorgen. Doch nach der Erschöpfung tauchen die Probleme noch bedrohlicher auf. Was sich Max in seiner Wunschvorstellung erhofft, wird durch eine Frage von Carol klar: «Will you keep out all the sadness?» Doch die Traurigkeit lässt sich nie ganz verdrängen. Wenn sich Max in der Realität fürchtet, von seiner Familie und seinen Freunden verlassen zu werden, dann beschäftigt ihn das auch in seiner Fantasie.

So niederschlagend auf Schwierigkeiten fokussiert, wie es sich nach dieser Beschreibung nun vielleicht anhören mag, ist der Film aber in keiner Weise. Die Bewältigung diverser Probleme ist ganz beiläufig eingestreut. Die Geschichte wird bewusst aus der kindlichen Perspektive von Max erzählt, der zwar immer wieder verunsichert wird, sich dadurch aber nicht wirklich oder zumindest nicht lange aus der Ruhe bringen lässt. Der Blick von Max ist von einer leicht naiven Unschuld geprägt, die zwar schon ein wenig angeschlagen ist, aber noch nicht durch allzu viele negative Erfahrungen zerstört wurde.

Die Abenteuer von Max regen zwar zu Gedanken an, wirklich bedrückend sind sie aber nicht. Vielmehr ist der Film von einer ungebremsten Ausgelassenheit geprägt, die schon in der ersten Szene zum Ausdruck kommt, in der Max einem Hund hinterherjagt. Regisseur Spike Jonze positioniert seinen Kameramann Lance Acord häufig mitten im Durcheinander. Zwischen die groben und lauten Szenen mit der passenden Musik von Karen O and The Kids werden aber auch zärtliche Momente von manchmal beinahe schon erdrückender Geborgenheit gemischt. Für die sanfteren Zwischentöne ist Carter Burwell besorgt, der mit seinen Kompositionen die delikate Gefühlswelt von Max einfängt. Aus der Mischung dieser Elemente ensteht ein unwiderstehliches Abenteuer.

Fazit: «Where the Wild Things Are» ist ein einfühlsamer und abwechslungsreicher Abenteuer-Film für jedes Alter.

Bewertung: 5 Sterne

(Bilder: ©2009 Warner Bros. Ent. All Rights Reserved.)

2 Kommentare to “«Where the Wild Things Are» von Spike Jonze”

  1. Klingt gut. Wie sind denn die “wilden Kerle” dargestellt? Sind das grosse Kostüme à la Jim Henson oder computeranimierte Figuren?
    Sehr schöner Filmblog übrigens, kompliment!
    Ich führe auch einen, über Stummfilme: http://stummfilm.blogr.ws/

  2. Thomas says:

    Wenn ich das richtig beurteilen kann, sind die wilden Dinge in erster Linie grosse Puppen, die von Jim Henson’s Creature Shop hergestellt wurden. Für die Bewegungen im Gesicht wurden aber teilweise visuelle Effekte eingesetzt. Ich habe jetzt noch einen Beitrag mit Maurice Sendak eingebaut, in dem die Markierungen im Gesicht zu sehen sind.

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