«Der grosse Kater» von Wolfgang Panzer

Ulrich Tukur, Christiane Paul und Bruno Ganz in «Der grosse Kater»

Der Mensch tut, was geschieht.

Jetzt werden sogar schon Schweizer Filme synchronisiert. Schmerz, lass nach! Negativ aufgefallen ist schon die sterile Nachsynchronisation im Film «Baba’s Song» von Wolfgang Panzer. Auch bei «Der grosse Kater» stand Panzer hinter der Kamera, obschon im Programm der Solothurner Filmtage ein gewisser W.G. Baermann als Regisseur angegeben ist. Offensichtlich gab es auch bei diesem leicht behäbig, aber durchaus solide inszenierten Melodrama über dreckige Machtspiele in der Politik gewisse Spannungen bei der Produktion.

Das Auto des Schweizer Bundespräsidenten, von seinen Freunden Kater (Bruno Ganz, Synchronstimme Bruno Ganz) genannt, wird mit Eiern und Flugzetteln beworfen. Am Vortag des offiziellen Staatsbesuchs des spanischen Königspaars zeigt sich immer deutlicher, dass seine Popularitätswerte im Keller sind und er auch in der eigenen Partei den Rückhalt verliert. Kater entschliesst sich kurzerhand, den Staatsbesuch durch seine Assistentin Dr. Bässler (Christiane Paul) und seinen Pressechef Magun (Justus von Dohnány, Synchronstimme Max Gertsch) zu einem Medienspektakel aufbauschen zu lassen. Das sollte Kater vor der bevorstehenden Wiederwahl die notwendigen Sympathien im Volk bringen.

Doch im Hintergrund braut sich ein viel grösseres Gewitter zusammen. Katers engster Verbündeter und langjähriger Weggefährte, der Fraktionschef Dr. Stotzer alias Pfiff (Ulrich Tukur, Synchronstimme Roland Koch), plant mit Hilfe des päpstlichen Nuntius (Edgar Selge) eine perfide Intrige. Kater und Pfiff kennen sich seit ihrer Jugend, gemeinsam kamen sie nach oben. Doch seit dem Tag, als Kater Marie (Marie Bäumer, Synchronstimme Stephanie Japp) heiratete, die ursprünglich mit Pfiff verlobt war, ist ihre Freundschaft getrübt. Nun sieht Pfiff die Möglichkeit zur Rache gekommen. Er lässt den Eindruck entstehen, Kater habe persönlich einen Besuch am Spitalbett ihres krebskranken Sohnes als Teil des offiziellen Staatsbesuchs angeordnet.

Marie ist untröstlich. Sie glaubt, Kater wolle politischen Profit aus der medialen Ausschlachtung der bisher geheim gehaltenen Krankheit ihres Sohnes schlagen. Vergeblich versucht Kater, Marie zu beschwichtigen. Aus Protest bleibt sie dem offiziellen Empfang am Abend fern. Bis kurz vor dem Gala-Diner kann Kater das Schlimmste abwenden und das Fehlen seiner Gattin dem König und der Königin gegenüber charmant überspielen. Doch immer noch fehlt jede Spur von Marie. Der diplomatische Eklat und damit Katers endgültiges Ende stehen kurz bevor. Siegessicher beschliesst Pfiff, seine Schwester Gerti an Maries Platz zu setzen.

Marie Bäumer und Bruno Ganz in «Der grosse Kater»

Da ist ganz schön was los, in der beschaulichen Bundeshauptstadt und auch auf den idyllischen Kuhwiesen in der Umgebung. Die Szene neben dem Militärflughafen in Interlaken ist vermutlich die schönste im ganzen Film. Der Kater blickt von erhöhter Position auf die ordentlich stramm stehenden Soldaten beim Empfang des spanischen Königs und philosophiert über seine immer aussichtslosere Lage. Er erkennt seine Machtlosigkeit, und auch Pfiff bemerkt die ungewöhnlichen Selbstzweifel des Magistraten. Dahinter ist eine Kuh friedlich am Grasen.

So überzeugend wie in diesem Moment ist das Drehbuch aber nur selten. Das fängt schon bei der Einführung an, in der die Ausgangslage als allgemein verständlich vorausgesetzt wird. Hier ein Politiker unter Beschuss, daneben seine Frau und das kranke Kind, dort noch ein paar intrigierende Politiker und dann noch die Medien als Handlanger. Viel mehr Erklärung braucht es scheinbar nicht, da sich das Publikum die genauen Zusammenhänge aus dem Allgemeinwissen über politische Vorgänge selber basteln kann. Danach bedienen sich die Filmemacher den gleichen Tricks, die sie in der Handlung entblössen, um beim Publikum die erwünschten Emotionen auszulösen. Aus dem Polit-Thriller wird ein konventionelles Melodrama.

Die vorhersehbare Handlung ist verzeihbar. Aber dennoch ereilt der Film wie die Hauptfigur eine Glaubwürdigkeitskrise. Der Fluch der Nachsynchronisation lastet auf ihm. Es ist schlicht nicht nachvollziehbar, wieso sich die Filmemacher für eine Besetzung mit zahlreichen deutschen Schauspielgrössen entschieden haben, die danach plötzlich Schweizer Dialekt sprechen sollen. Ein grosser Teil der Atmosphäre geht dadurch verloren und auch die Darbietung von Bruno Ganz gerät durch die spätere Mundart-Vertonung aus dem Lot. Einzig Christiane Paul und Edward Selge dürfen sich in ihrer angeborenen Stimme äussern, die übrigen Hauptfiguren wandeln wie Hüllen durch den Film, denen eine fremde Stimme übergestülpt wurde. Dadurch verliert der Film bei der der Bewertung einen weiteren Stern.

Die Inszenierung ist auf ansehnlichem Niveau. Besonders bei der Ausstattung wurde nicht gekleckert, sondern ordentlich geklotzt. Da macht sogar das Schweizer Militär beinahe den Eindruck, die beste Armee der Welt zu sein. Weniger herausragend ist hingegen die Kameraarbeit, die nicht wirklich über den Wert einer Fernsehproduktion hinauskommt. Nur weil sich die Kamera bei einem Gespräch von zwei Personen langsam von links nach rechts bewegt, wird dadurch noch keine visuelle Spannung aufgebaut. Handwerkliche Schnitzer sind jedoch besonders beim Schnitt auszumachen, der lediglich bei der Titelsequenz ein wenig den Eindruck einer Prestigeproduktion erwecken kann. Danach sind die Einstellungen aber häufig ziemlich holprig zusammenfügt.

Fazit: «Der grosse Kater» ist ein vom Ansatz her faszinierendes Polit-Melodrama, das aber unter der etwas einfallslosen Umsetzung und der unglücklichen Nachsynchronisation leidet.

Bewertung: 3 Sterne

(Bilder: © Frenetic Films)

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