«This Is Spinal Tap» von Rob Reiner (Blu-ray)
These go to 11.
Ein Monument in der Geschichte des Musikfilms ist «This Is Spinal Tap». Für seinen zeitlosen Rockumentarfilm begleitete Regisseur Marty DiBergi 1984 die legendäre britische Rockband Spinal Tap auf ihrer Tour durch die USA. Höhepunkte sind sicher die Auftritte der Band. Aber die Kamera fängt auch schonungslos ein, wie die Musiker sich in den Katakomben eines Stadions verirren, sie mit Pannen auf der Bühne kämpfen oder die aufdringliche Freundin des Sängers die Harmonie stört.
Die beiden Jugendfreunde Nigel Tufnel und David St. Hubbins haben sich schon als Kinder für Musik begeistert und später zusammen diverse Bands gegründet. Nach einer Phase Pop und Flowerpower fanden die Kollegen schliesslich unterstützt durch den genialen Bassisten Derek Smalls zum Heavy Metal. Die Reaktionen der Kritiker waren zwar manchmal alles andere als freundlich – eine Kürzestkritik des Albums «Shark Sandwich» lautete einfach «Shit Sandwich» –, doch davon wurde die Karriere dieser Rock-Epigonen kaum behindert.
Wirklich berühmt wurde die Band aber erst durch den Rockumentarfilm «This Is Spinal Tap» von Filmemacher Marty DiBergi, der ausgerechnet von der «Smell the Glove»-Tour durch die USA berichtet. Die Reise durch die USA wurde von Spannungen und Missgeschicken überschattet. Schon das obszöne Cover des Albums sorgt für Konflikte mit der Plattenfirma, die sich scheinbar auch nur mangelhaft um die Werbung für die Konzerte gekümmert hat, die teilweise wegen mangelnder Nachfrage abgesagt oder in kleiner Hallen verlegt werden mussten. Was ein intimes Porträt einer Band auf ihrem Höhepunkt hätte werden sollen, ist so die enthüllende Aufzeichnung einer unheilvollen Krise, welche die Band erst Jahre später überwinden konnte.
Rob Reiner und seine Kollegen Christopher Guest, Michael McKean und Harry Shearer haben mit «This Is Spinal Tap» die ultimative Parodie auf Musikdokumentarfilme abgeliefert. Aber obschon sie die Methoden der Dokumentarfilme und vor allem das Verhalten von Musikern ordentlich auf die Schippe nehmen, bleiben sie trotzdem so nahe an den Vorlagen, dass zwischendurch kaum zu erkennen ist, dass es sich um eine Parodie handelt. Kippten einige spätere Produktionen von Guest, McKean und Shearer etwas zu stark ins Absurde – besonders «For Your Consideration» – so bewegten sie sich hier noch nah an der Realität. Diesem Urteil stimmen auch die Musiker (Anvil, Kings of Leon) zu, die in einem Beitrag auf der Blu-ray-Disc von «This Is Spinal Tap» schwärmen.
Bezüglich Bild- und Tonqualität hatte ich keine grossen Erwartungen gehegt. Schliesslich wurde der Film auf 16 mm gedreht, um die damaligen Dokumentarfilme zu imitieren. Die Präsentation auf Blu-ray-Disc ist aber schlicht phänomenal. Manchmal ist das Bild zwar unscharf, aber so soll es auch sein. «This Is Spinal Tap» liegt auf dieser Blu-ray-Disc in optimaler Bildqualität vor. Die Tonspur in DTS-HD Master Audio 5.1 ist in den gespielten Szenen in erster Linie funktional und bietet die Dialoge in klarem Klang. Erstklassig abgemischt sind die Auftritte der Band. So wuchtig waren Spinal Tap noch nie zu hören.
Die Jubiläumsausgabe auf Blu-ray-Disc wird durch über vier Stunden Bonusmaterial zur eigentlichen Anthologie der unverwüstlichen Band. Enthalten sind neben nicht verwendeten Aufnahmen auch Ausschnitte aus dem Comeback-Konzert in der Royal Albert Hall von 1992 und dem Auftritt für Live Earth, Musikvideos (grossartig: «Bitch School») und ein Audiokommentar der Band, die sich köstlich über die Verleumdung im Dokumentarfilm ärgern. Zudem sind auch noch Interviews mit Reg Presley von The Troggs, deren Streit bei einer Aufnahme eine Inspiration für den Film gewesen sein soll, und Nigel Tufnel über die Bedeutung und Entstehung von Stonehenge vorhanden. Eigentlich würde diese Blu-ray-Disc 11 von 10 Punkten erhalten, aber meine Bewertung kann leider nicht so weit raufgedreht werden.
Bewertung: 
Bild-/Tonqualität (Blu-ray):
Bonusmaterial (Blu-ray):
(Bilder: © Kinowelt GmbH)
