«Toy Story» von John Lasseter (Blu-ray)

«Toy Story»

To infinity and beyond!

Der Leitspruch von Space Ranger Buzz Lightyear könnte auch ganz gut das Motto der Pixar Animation Studios sein. Dabei haben die vier für die Produktion von «Toy Story» hauptverantwortlichen Personen bei der Fertigstellung des ersten abendfüllenden digitalen Animationsfilms kaum erahnt, welche Veränderungen sie in der Filmindustrie auslösen würden. Mittlerweile kommen jedes Jahr um die 10 digitale Animationsfilme in die Kinos, und Regisseur John Lasseter, Drehbuchautor Andrew Stanton und der leitende Animator Pete Docter haben mindestens einen Oscar gewonnen, der 1995 verstorbene Joe Ranft war immerhin einmal nominiert. «Toy Story» ist aber nicht nur ein Meilenstein der Filmgeschichte, sondern eine immer noch höchst unterhaltsame Abtenteuerkomödie.

Im Zimmer von Andy herrscht wieder einmal Aufregung. Seine Spielzeuge haben soeben erfahren, dass wegen dem anstehenden Umzug die Geburtstagsfeier für Andy vorgezogen wurde. An diesem Tag besteht jeweils die Gefahr, dass Andy neue Spielwaren erhält und anschliessend die bisherigen benachteiligt werden. Da können selbst die Beschwichtigungen von Cowboy Woody (Stimme von Tom Hanks), dem absoluten Lieblingsspielzeug von Andy, die Befürchtungen von Mr. Potato Head (Don Rickles), Slinky Dog (Jim Varney), Dinosaurier Rex (Wallace Shawn), Hamm (John Ratzenberger) und Bo Peep (Annie Potts) nur beschränkt zerstreuen.

Seinen Stammplatz auf dem Bett von Andy verliert an diesem Tag aber ausgerechnet Woody. Dort landet nämlich Buzz Lightyear (Tim Allen) in seinem Raumschiff. Er ist nicht einfach nur ein Western-Sheriff wie Woody, sondern ein echter Weltraumpolizist. Meint er wenigstens. Buzz hat keine Ahnung, dass er nur ein Spielzeug ist. Er hält das Lämpchen auf seinem Arm für einen Laser, und das demolierte Raumschiff aus Karton wird gleich in die Reparatur geschickt. Da nützen auch die Aufklärungen von Woody nichts: «That wasn’t flying, that was falling with style.» Woody ist aber sowieso primär neidisch, weil er von Buzz in der Gunst von Andy ersetzt wurde. So richtig abenteuerlich wird es, als Buzz von Woody versehentlich aus dem Fenster geschubst wird.

«Toy Story»

Nach zahlreichen Kurzfilmen, in denen gleichzeitig die Technologie getestet und witzige Geschichten erzählt wurden, legten die Pixar Animations Studios mit «Toy Story» das Fundament für einen Umbruch in der Welt des Animationsfilms. 191,7 Millionen Dollar spielte der Debütspielfilm von Pixar in Nordamerika ein und sorgte dafür, dass alle Studios ihre Produktion von der damals trotz grossen Bemühungen nur bedingt lukrativen Zeichenanimation auf die digitale Animation verlagerten. Das hat dazu geführt, dass gegenwärtig unter den 50 Filmen, die weltweit am meisten Geld eingespielt haben, 10 digitale Animationsfilme zu finden sind, vier davon von Pixar («Finding Nemo», «Up», «The Incredibles» und «Ratatouille»).

So revolutionär die Technik war, so traditionsbewusst sind die Filmemacher. John Lasseter absolvierte bei den Disney-Studios seine Ausbildung. Von der primär Software und Hardware für Computeranimationen entwickelnden Firma Pixar, damals eine Abteilung von Lucasfilm, wurde er dann angeheurt, um die entwickelten Technologien in kurzen Geschichten einzusetzen. Anspielungen auf diese Produktionen finden sich auch in «Toy Story», ganz besonders im Büchergestell vor dem Woody eine Sitzung leitet. Die auf den Büchern zu entziffernden Titel «Tin Toy», «Knick Knack», «Red’s Dream» und «The Adventures of André and Wally B.» sind allesamt Titel der frühen Pixar-Kurzfilme.

Markenzeichen der Filme aus den Pixar Animation Studios ist zwar auch die technische Perfektion, aber die Filmemacher legen ebenso viel Wert auf die Geschichte. Von den zehn bisher produzierten Spielfilmen haben sechs eine Oscar-Nomination für das Drehbuch erhalten. Rein visuell ist «Toy Story» deutlich anzusehen, dass 1995 die Technologie noch in den Kinderschuhen steckte. Die Spielzeug-Figuren sehen zwar immer noch überzeugend aus und wurden eben auch deshalb als Hauptfiguren ausgewählt, weil die Darstellung von Plastik weniger Aufwand erforderte. Auffallend sind hingegen die reduziert gestalteten Hintergründe und vor allem die wenig lebensechten organischen Figuren wie Andy oder der Hund des Nachbarn.

Dafür ist die Geschichte immer noch so frisch wie eh und je. Nach der anfänglich ziemlich unvorteilhaften Einmischung durch Führungskräfte des Verleihers Walt Disney Studios konzentrierten sich die Filmemacher von Pixar anschliessend auf ihre eigenen Ideen, entwickelten einen faszinierenden Konflikt, statteten die Figuren mit viel Persönlichkeit und liebevollen Eigenschaften aus, trieben die Handlung zügig voran und streuten ordentlich gewagteren Humor für das ältere Publikum ein. Vor allem ist jedoch der Enthusiasmus der Filmemacher für ihr Werk zu spüren. Das an und für sich einfache Rezept erwies sich als ausserordentlich schmackhaft und haltbar.

Auf Blu-ray-Disc erstrahlt der Film nun in vollem Glanz und brillanter Detailschärfe, und auf der Tonspur in DTS-HD 5.1 ES sind ganz besonders die Effekte überwältigend. Als Bonusmaterial sind ungefähr 20 Minuten neue Beiträge, ein Audiokommentar sowie gut zwei Stunden Extras von den bisherigen DVDs enthalten. Die kurzen neuen Beiträge zeigen etwa Buzz Lightyear auf einer NASA-Mission, drei animierte Seuquenzen über die Produktion und wie die Filmemacher durch Anmerkungen von Vorgesetzten aus dem Konzept gebracht wurden.

Der Audiokommentar mit Lasseter, Stanton, Docter, Ralph Eggleston, Bill Reeves, Ralph Guggenheim und Bonnie Arnold ist grundsätzlich hörenswert, aber auch ein wenig zu überfüllt. Die Stimmen von Lasseter und Docter sind noch einfach zu unterscheiden, die anderen kommen scheinbar sowieso wenig zu Wort. Ein wenig eigenartig ist es trotzdem, wenn zwischendurch einzelne Sprecher namentlich vorgestellt wurden. So entsteht der Eindruck, dass nachträglich versucht wurde, eine Balance herzustellen. Immerhin sind die Informationen reichhaltig, etwa dass die Toneffekte in der Szene, in der Buzz aus dem Fenster fällt, aus «Raiders of the Lost Ark» übernommen worden seien.

Bewertung: 5 Sterne
Bild-/Tonqualität (Blu-ray): 6 Sterne
Bonusmaterial (Blu-ray):
5 Sterne

(Bilder: © Walt Disney Studios Home Entertainment/Pixar Animation Studios)

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