«Le fabuleux destin d’Amélie Poulain» (Blu-ray)

Audrey Tautou in «Le fabuleux destin d'Amélie Poulain»

Elle est peut-être seulement différente des autres.

Nach Erfolgen in seiner Heimat ist der französische Regisseur Jean-Pierre Jeunet in die USA aufgebrochen, um in Hollywood mit «Alien: Resurrection» durchzustarten. Doch die teure Fortsetzung erfüllte die (finanziellen) Erwartungen nicht. Dafür eroberte Jeunet die Welt anschliessend mit dem schwungvollen und beglückenden Meisterwerk «Le fabuleux destin d’Amélie Poulain». Mit Drogen kenne ich mich nicht wirklich aus, aber die Titelheldin mit den grossen braunen Augen und der unverschämten Herzlichkeit macht süchtig.

Einsam und isoliert lebt Amélie (Audrey Tautou) in Paris. Daran hat sie sich gewöhnt, nachdem ihr Vater irrtümlicherweise einen Herzfehler diagnostiziert hat. Kontakt hat sie einzig zu den Kollegen und den Kunden des «Café des 2 Moulins», in dem sie arbeitet. Einen Mann gibt es in ihrem Leben nicht: «Elle a bien essayé une fois ou deux, mais le résultat n’a pas était à l’hauteur de ses espérances». Doch am 31. August 1997 ändert sich alles. Am Tag, an dem Lady Di in Paris ums Leben gekommen ist, findet Amélie in ihrem Badezimmer eine versteckte Blechbüse mit den verstaubten Spielsachen eines Knaben.

In der Nacht beschliesst Amélie, den entdeckten Schatz seinem Eigentümer zu übergeben. Falls er davon gerührt ist, mischt sie sich fortan in das Leben anderer Menschen ein. Falls nicht, auch egal. Die Übergabe erzeugt allerdings die gewünscht Wirkung. Im Café führt sie den eifersüchtigen Stammkunden mit der schüchternen Kassiererin zusammen. Dem gedemütigten Angestellten des Gemüseladens an der Ecke hilft sie durch raffinierte Tricks, die seinen Chef an den Rand zur Verzweiflung treiben. Schliesslich trifft Amélie einen vor Fotoautomaten knienden jungen Mann (Mathieu Kassovitz), der ihr Herz wieder schneller schlagen lässt. Wenn sie nur nicht so schüchtern wäre.

Audrey Tautou und Mathieu Kassovitz in «Le fabuleux destin d'Amélie Poulain»

Regisseur Jean-Pierre Jeunet ist nach seiner Rückkehr aus Hollywood ein unwiderstehliches Meisterstück gelungen. Seine mit Marc Caro inszenierten Werke «Délicatessen» und «La cité des enfants perdus» waren ebenfalls bereits sehr ausgefallen und durch ihren visuellen Einfallsreichtum bestechend, gleichzeitig aber auch ziemlich düster. Mit «Le fabuleux destin d’Amélie Poulain» serviert Jeunet dem Publikum eine Glücksgefühle auslösende Droge. Jeunet steigert sich gleich zu Beginn in einen Bilder- und Erzählrausch, der nicht mehr ablässt und in eine schelmische, wilde Achterbahnfahrt des Mitfühlens mündet.

Technisch perfekt und schauspielerisch mitreissend lässt der Film keine Wünsche offen. «Le fabuleux destin d’Amélie Poulain» ist ein befriedigendes Filmerlebnis und macht Lust, den Film mehrfach zu geniessen, um diesen Rausch gleich noch einmal zu erleben. Das Wunderwerk steckt vor allem voller Poesie, sowohl auf der visuellen als auch auf der sprachlichen Ebene. Liebevoll sind die zahlreichen kuriosen Einfälle, wie der lebensmüde Goldfisch, die Katze Rodrigue, «quand a lui, aime être présent quand on raconte des histoires aux enfants» oder der Bettler, der sich bei Amélie ablehnend bedankt: «Je ne travaille jamais le dimanche.» Jeunet hat zusammen mit seinem Drehbuchautor Guillaume Laurant ein wahrlich berührendes und aufmunterndes Universum erschaffen.

Technisch beinahe perfekt ist auch die Blu-ray-Disc. Die Bildqualität ist brillant. Etwas dezent, aber dennoch überzeugend ist die Tonspur. Das Bonusmaterial wurde beinahe vollständig von der «Special Edition»-DVD übernommen. Der Drehbericht fehlt zwar, dafür sind der vorzügliche Audiokommentar und das Interview mit Jeunet vorhanden. Der positive Eindruck wird vor allem durch eine Einschränkung bei der Bildauswahl getrübt: Konnte bei der DVD noch zwischen der französischen und deutschen Bildfassung ausgewählt werden, zwingt die Blu-ray-Disc die deutsche Bildversion auf. Ein eindeutiger Rückschritt.

Bewertung: 6 Sterne
Bildqualität (Blu-ray): 6 Sterne
Tonqualität (Blu-ray): 5 Sterne
Bonusmaterial (Blu-ray):
4 Sterne

(Bilder: ©Universal Studios & Prokino)

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