«How the West Was Won» mit Henry Fonda (Blu-ray)

«How the West Was Won»

Gigantisch! Es gibt wirklich kein passenderes Wort für die in den 40er-Jahren entwickelte Technik des Cinerama. In dieser Zeit eroberten kleine Flimmerkisten die Wohnzimmer in den USA. Gleichzeitig gingen die Besucherzahlen der Kinos zwischen 1948 und 1952 von 90 auf 56 Millionen pro Woche zurück. Die Hollywood-Studios liessen sich trotzdem nicht von der Entwicklung von Fred Waller beeindrucken. So brachte er die Technik zusammen mit Merian C. Cooper («King Kong» von 1933) zur Markttauglichkeit und zeigte in seinen Kinos überwältigende Reisefilme.

Der Erfolg der Produktionen führte dazu, dass 1962 doch noch zwei Spielfilme in diesem Verfahren entstanden sind. «How the West Was Won» lässt nun auf Blu-ray-Disc die überwältigende Qualität von Cinerama erkennen. Für das in fünf Episoden unterteilte Western-Epos wurden gleich drei angesehene Regisseure und vier ausgezeichnete Kameramänner verpflichtet. Gewaltig war auch das Staraufgebot Vor der Kamera: Henry Fonda, Gregory Peck, Debbie Reynolds, James Stewart, John Wayne und Richard Widmark sind die ganz grossen Kaliber.

Debbie Reynolds und Thelma Ritter in «How the West Was Won»Erzählt wird die Eroberung des Wilden Westens zwischen 1838 und 1898. Im Gegensatz zu anderen Western, in denen die verschiedenen Epochen wenig historisch vermischt werden, sind in «How the West Was Won» die einzelnen Abschnitte chronologisch aneinandergereiht. Im Zentrum stehen die Schwestern Eve (Carroll Baker) und Lilith Prescott (Reynolds), deren Familie als Siedler von der Ostküste aufbrechen, um ihr Glück im Westen zu finden. Sehr weit kommen sie allerdings nicht, denn in Ohio sterben die Eltern in einer Stromschnelle.

Eve bleibt an der Grabstätte zurück, während Lilith in der zweiten Episode dem Ruf des Goldrauschs folgt und den beschwerlichen Weg über die Ebenen des mittleren Westen auf sich nimmt. In der dritten Episode kämpft der älteste Sohn von Eve im Bürgerkrieg (1861–1865). Als er auf die Farm zurückkehrt ist seine Mutter gestorben, so bricht auch er in den Westen auf, wo gerade die Eisenbahnen gebaut werden. In der letzten Episode wird er zum Gesetzeshüter im Kampf gegen Outlaws.

Henry Fonda in «How the West Was Won»Die Handlung ist nicht ganz so überwältigend wie die Landschaftsaufnahmen, bietet aber schwelgerische Emotionen und auch ausreichend Humor. Kennzeichen von «How the West Was Won» sind aber sowieso die Cinerama-spezifischen Erlebnismomente; eine Fahrt auf einem reissenden Fluss, die meisterhafte Verfolgung durch Indianer, eine durch ein Zeltdorf trampelnde Büffelherde und das Finale bei einem Überfall auf eine Eisenbahn. Diese Szenen machen den Film unvergesslich.

Die Filme für Cinerama wurden mit drei gekoppelten 35-mm-Kameras gedreht. So entstand ein Format von 2.65:1 und breiter, das auf eine gekrümmte Leinwand projiziert wurde. Die Vorteile der Technik: ein lupenreines Bild mit hoher Tiefenschärfe, das das gesamte Blickfeld einnimmt, sowie durch die sieben Tonspuren ein umwerfende Tonkulisse. Die Nachteile, insbesondere für die Heimkino-Auswertung: Trennstriche zwischen den einzelnen Filmstreifen und der eingeschränkte Einsatz der monströsen Kamera.

Die Vorteile sind auf der Blu-ray-Disc ganz klar zu erkennen. Das Bild erstrahlt in einer Klarheit, die nur wenige moderne Filme erreichen. Wer den Film zudem in der Simulation des Cinerama-Effekts ansehen möchte, und das empfehle ich unbedingt, wählt die Version auf der zweiten Blu-ray-Disc. Diese gibt den Film im sogenannten «SmileBox-Verfahren» (siehe Einstiegsbild) wieder, das die Rundumsicht nachbildet. Wichtig ist dabei, dass die Distanz zum Bild nicht zu gross ist. Makellos ist auch die Tonspur in Dolby TrueHD 5.1, die Musik, Effekte und auch Dialoge wunderbar auf die Lautsprecher verteilt.

Die Trennstriche zwischen den Bildabschnitten wurde so gut wie möglich entfernt. Manchmal sind sie aber dennoch deutlich zu erkennen, besonders wenn eine Figur von einem Bildabschnitt in einen anderen wechselt. Wirklich störend ist das aber nur, wenn man sich nicht auf die Handlung konzentriert. Auch an die eintönigen Kameraeinstellungen gewöhnt man sich rasch. Die riesige Kamera verunmöglichte nämlich Nahaufnahmen. Obschon die Figuren meist in einiger Distanz von der Kamera erscheinen, waren sie meist nur einen halben Meter davon entfernt.

Extras sind auf der Blu-ray-Disc lediglich zwei zu finden, doch auch die sind hochwertig. Da ist einerseits der Audiokommentar mit fünf Experten, darunter Stuntman Loren James. Sein Beitrag ist vor allem beim Indianer-Angriff höchst amüsant, den fast jeder Sturz von einem Pferd wurde von ihm vollführt. Aber auch sonst ist der Audiokommentar sehr informativ und kurzweilig.

Andererseits schildert der 96-minütige Dokumentarfilm «Cinerama Adventure» ausführlich die Entstehung und Wirkung von Cinerama. Da wird etwa berichtet, dass die Tonabmischung jeweils während der Vorführung für die spezifische Zusammensetzung des Publikums abgemischt wurde. Die Technik sei auch als Waffe im Kalten Krieg eingesetzt worden. Die Russen haben darauf das Format Kinopanorama entwickelt. Leider ist der Dokumentarfilm nur in Standardauflösung enthalten, dafür gibt die Tonspur die Cinerama-Segmente in reiner Qualität wieder.

Film: 5 Sterne
Bild-/Tonqualität (Blu-ray): 6 Sterne
Bonusmaterial (Blu-ray):
5 Sterne

(Bilder: ©Warner Bros.)

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