«John Carter» von Andrew Stanton

A warrior may change his metal, but not his heart.

Ferne Galaxien sind für gewöhnlich das Ziel von Science-Fiction-Filmen mit Ausserirdischen. Der Schauplatz von «John Carter» ist hingegen der nahe Mars. Das auf den Klassiker «A Princess of Mars» von Edgar Rice Burroughs basierende Science-Fiction-Märchen ist ein buntes, technisch perfekt inszeniertes Spektakel.

Als Veteran des amerikanischen Bürgerkriegs hat John Carter (Taylor Kitsch) schon vieles erlebt. Doch als er sich nach der Flucht vor Apachen plötzlich in einer fremden Landschaft wiederfindet und in weiten Hüpfern durch die Gegend springt, kann er sich das nicht so richtig erklären. Noch erstaunter ist er, als er auf riesige grüne Lebewesen mit vier Armen stösst. Bald lernt er ihre Sprache und rettet Dejah Thoris (Lynn Collins, «X-Men Origins: Wolverine»), die Prinzessin von Helium, einer von einer menschenähnlichen roten Rasse bewohnten Stadt. Gemeinsam müssen sie Barsoom, wie Mars in der Sprache der Bewohner genannt wird, vor dem Untergang retten.

Im Februar 1912 erschien das erste Kapitel des später als «A Princess of Mars» veröffentlichen Romans von Edgar Rice Burroughs. Der über zehn Jahre nach «The War of the Worlds» von H.G. Wells erschienene Roman zählt zu den einflussreichsten Werken des Genres. Wenn also in «John Carter» plötzlich die Prinzessin in knapper Bekleidung erscheint, dann haben die Filmemacher das nicht etwa bei «Star Wars» abgeschaut, sondern George Lucas liess sich von Burroughs inspirieren. Entsetzt stellt sie fest, dass ihr Kostüm ein wenig vulgär ist. Die einzige Steigerung wäre gewesen, sie so vollständig nackt wie im Roman zu zeigen («she was entirely naked, nor could any apparel have enhanced the beauty of her perfect and symmetrical figure»). Doch das ist in einem Film von Walt Disney Pictures dann doch unvorstellbar.

Aber der Roman lieferte Regisseur Andrew Stanton («Finding Nemo», «WALL•E»), der zusammen mit Mark Andrews und Michael Chabon das Drehbuch verfasste, lediglich eine unverbindliche Vorlage für ihre eigene Interpretation der Reise auf einen fremden Planeten. Zahlreiche Elemente sind zwar immer noch vorhanden. Doch die von Burroughs ausschliesslich aus der Perspektive von John Carter erzählte Erkundung einer unbekannten Kultur wurde ordentlich umgeschichtet und anders gewichtet. Antriebsfeder für die Handlung in «John Carter» ist die im Roman nur kurz erwähnte, erzwungene Hochzeit von Dejah Thoris mit einem verfeindeten Krieger. Und Carter erinnert sich zwischendurch an seine auf der Erde ermordete Frau, die aber bei Burroughs gar nicht vorkommt.

Die vielen Veränderungen sind nicht unbedingt negativ. Fragwürdig ist einzig die Einführung von übernatürlichen Gestalten. Dadurch haben die Drehbuchautoren zwar eine Erklärung gefunden, wie John Carter von der Erde auf den Mars gelangte, doch gleichzeitig verändern diese Figuren den Charakter der Erzählung stark. Die Handlung dient im Film aber sowieso primär als Aufhänger für möglichst atemberaubende Schlachten und spektakuläre Kämpfe. Die visuellen Effekte sind dann auch der herausragende Aspekt von «John Carter». Die Geschichte über sich bekriegende Völker, deren Schicksal von kaltblütigen Göttern gelenkt wird, ist hingegen austauschbar.

Immerhin ist Andrew Stanton durch seine Erfahrung bei Pixar der perfekte Regisseur für das klassische Helden-Märchen, in dem der mutige Kämpfer seine Prinzessin retten muss. Einerseits kennt er sich mit aussergewöhnlichen Abenteuern im Weltall aus. Andererseits bringt er das notwendige Verständnis für die unzähligen visuellen Effekte mit. Die sind so hervorragend, dass sich sogar bei den vielen Szenen, die in den eindrücklichen Landschaften in Utah gedreht wurden, die Frage stellt, ob die Kulissen nachträglich noch digital bearbeitet wurden.

Einige Nebenbemerkungen: In der Originalversion werden die Stimmen der drei wichtigsten grünen Marsbewohner von Samantha Morton, Willem Dafoe und Thomas Haden Church gesprochen. Und der Film hat scheinbar zwei Titel: während im Vorspann nur «John Carter» steht, wird daraus im Abspann der Titel «John Carter of Mars». Gewidmet ist der Film dem 2011 verstorbenen Apple- und Pixar-Mitbegründer Steve Jobs, der auch im Verwaltungsrat von The Walt Disney Company sass.

Fazit: «John Carter» ist ein rasantes Science-Fiction-Märchen mit perfekten visuellen Effekten.

Bewertung: 4 Sterne

(Bilder: ©2011 Disney. John Carter™ ERB, Inc.)

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