An den Solothurner Filmtagen 2009 fand die Uraufführung des Filmporträts «Isa Hesse-Rabinovitch – Das grosse Spiel Film» statt. An diesem Sonntag, 22. März, steht um 12 Uhr im Filmpodium die Zürcher Kinopremiere in Anwesenheit von Regisseurin Anka Schmid und Mitwirkenden an. Das Porträt zeigt den künstlerischen und biografischen Werdegang von Isa Hesse-Rabinovitch.
Isabella Rabinovitch kommt 1917 in Zürich als Tochter eines russischen Juden und einer protestantischen Adligen aus Österreich auf die Welt. Sie arbeitete als Malerin, er als Radierer. Köstlich ist sein Brief an den Stadtpräsidenten, als die Familie 1929 das Bürgerrecht der Stadt Zürich erhält: «Lieber Herr Doktor, seit ich ihren Brief erhalten habe, schreite ich mit Bürgerstolz auf dem Bürgersteig, versuche Brissagos zu rauchen, suche ich krampfhaft nach einem Jasspartner und verliere ich nicht die Hoffnung, dass ich anstatt des Jüdelns noch das Jodeln erlerne.»
Isa Hesse folgt dem künstlerischen Weg ihrer Eltern. Nach einem Semester an der Kunstgewerbeschule Zürich entscheidet sie sich für die Praxis und beginnt eine Lehre als Grafikerin. 1936 beginnt sie ein Studium an der Kunstgewerbeschule in Wien. Trotz anfänglichem Erfolg muss sie das Studium nach dem Einmarsch von Hitler abbrechen: «Am nächsten Tag hatten meine Kunstmitschüler teils braune Hemden an. Als ich in die Klasse kam, wurde ich höflich als Rabinovitch-Jud empfangen.» Sie kehrt nach Zürich zurück und beginnt als Illustratorin zu arbeiten.
Weil das Konkubinat damals verboten war, heiratet sie 1941 ihren Lebenspartner Heiner Hesse, einen Sohn von Hermann Hesse. In den 40er-Jahren arbeitete sie zunächst weiterhin als Illustratorin, dann auch als Reporterin und Fotografin. Als 52-Jährige begann sie 1969 zu filmen: «Alles änderte sich, als ich eine kleine Filmkamera in die Hand nahm, und farbig bewegte Bilder festhielt und diese zu einer Geschichte fügte.» Wie der Dokumentarfilm schildert, stiessen ihre Experimentalfilme an Festivals im Ausland auf lobende Anerkennung – auch an den in den 70er-Jahren aufkommenden Festivals für Filme von Frauen.
In New York eröffnet 1972 sie mit «Spiegelei» das weltweit erste Frauenfilmfestival. 1975 initiiert sie in Bern das erste Frauenfilmfestival in der Schweiz. 1982 wird sie nach New York eingeladen, um mit ihrem Film «Sirenen-Eiland» das neue Kino im MoMA zu eröffnen. Trotz dieser Würdigung werden die Filme in der Schweiz kaum beachtet und der unermüdlichen Filmpionierin bekundete es weiterhin etliche Mühe, ihre Projekte in der verstaubten Schweiz zu finanzieren.
Der Dokumentarfilm von Anka Schmid verbindet umfangreiches Archivmaterial mit Ausschnitten aus den Werken von Hesse-Rabinovitch sowie Interviews mit Freunden, Verwandten und Kollegen der 2003 in Küsnacht verstorbenen Künstlerin. In seiner Kompaktheit ist der äusserst informative Dokumentarfilm ein wenig anstrengend, aber zugleich auch reichlich inspirierend.
Anschliessend an die Premiere in Zürich wird der Film auf eine kleine Tournee durch die Deutschschweiz geschickt. Zusätzlich zum Dokumentarfilm werden zwei Kurzfilme von Isa Hesse gezeigt: «Tell-Spott» (1973) und «Monumento Moritat» (1969). Die Veranstaltung soll gemäss Veranstaltern auch eine Hommage an Isa Hesse sein. Im Filmpodium ist der Film (ohne Kurzfilme) auch noch am Di, 24. März, um 17 Uhr sowie am Sa, 28. März, um 18 Uhr zu sehen. Zudem stehen die folgenden Aufführungsorte fest:
St. Gallen Kinok: 26., 28., 29., 31. März
Basel kult.kino atelier: 5. April*
Brugg Cinéma Odeon: 26. April
Männedorf Kino Wildenmann: 3., 10. Mai
Biel Filmpodium: 4. Mai*
Bern Kino Kunstmuseum: 12.*, 17. Mai
Zug Fliz: 25. Mai*
Luzern stattkino: 21.*, 22., 23., 24., 26. Mai
(* in Anwesenheit von Anka Schmid)
Wer nun zu faul ist, um sich für eine von diesen Vorstellungen aus dem Haus zu begeben, kann sich auch bereits die DVD bestellen. Die oben genannten Kurzfilme von Isa Hesse sowie fünf weitere, die für den Film renoviert und digitalisiert wurden, sind auch auf der DVD des Filmporträts zu finden. Die Kurzfilme sind allesamt Experimentalfilme, selbst der nachforschende «Julie from Ohio» (1978), in dem sich Julie Nero auf die Spuren ihrer Vorfahren macht. Nero taucht dann auch noch einmal in sinnlichen Video «Body, Body, Blues» (1986) auf. Hesse spielt darin mit den farblichen Verfremdungsmöglichkeiten einer Video-8-Kamera und kehrt auch ein wenig zu ihrem ersten Filmexperiment «Spiegelei» (1969) zurück.
Dazwischen liegen auch einige Werke, in denen Hesse zu einem grossen Teil Standaufnahmen oder einfache Kamerabewegungen mit Texten kombiniert, wie etwa in «Monumento Moritat» (1969), einer eigenwilligen Betrachtung der Vergänglichkeit des starren Lebens, in «Über einen Teppich» (1972), der Betrachtung eines Goblins, über den Hermann Hesse einen Text verfasst hat, oder besonders «Die Selbstportraits und das Lieblingslied meines Vaters» (1976), eine Hommage an ihren 1958 verstorbenen Vater. Zusammen mit den Kurzfilmen bietet die DVD von «Isa Hesse Rabinovitch – Das Grosse Spiel Film» eine faszinierende und überzeugende Entdeckungsreise zu einer Vorreiterin für Schweizer Filmemacherinnen. Fehlt jetzt nur noch eine DVD mit den übrigen Filmen von Isa Hesse.
Bewertung:
Bild-/Tonqualität:
Bonusmaterial:
(Bilder: ©2009, Reck Filmproduktion GmbH Zürich)