10. NIFFF länger und heimische Fantasie im Blick

«La Paloma» von Daniel Schmid

Für seine 10. Ausgabe dauert das Neuenburger Internationale Festival des Fantastischen Films in diesem Jahr eine ganze Woche. Das vollständige Programm der Ausgabe vom 4. bis 11. Juli 2010 erscheint zwar erst am 15. Juni, aber drei Spezialprogramme wurden bereits diese Woche angekündigt: ein exklusives Panorama des NIFFF zum fantastischen Film in der Schweiz, ein grosser Rückblick auf Sogo Ishii und sein bewegtes Punkkino sowie ein Fokus zum fantastischen Film in Québec.

Seit 10 Jahren zelebriert das NIFFF die Vielfalt und Dynamik des internationalen fantastischen Films. Im Rahmen einer 8-tägigen Spezialausgabe bietet das NIFFF in diesem Jahr dem Publikum und den Filmschaffenden vier Wettbewerbe, mehr als 100 exklusive Filme, Begegnungen mit renommierten Gästen, ein Symposium zu neuen Bildtechnologien, Ausstellungen und zahlreiche festliche Anlässe. Zusätzlich zum beliebten Open-Air-Kino und den vier traditionellen Kinosälen wird ein 5. Vorführungssaal 450 zusätzliche Zuschauer empfangen können.

«Im Schatten des Zweifels: Die fantastische Seite des Schweizer Films» lautet der Titel des Sonderprogramms mit Fokus auf einheimische Produktionen. Wie das NIFFF in der Pressemitteilung erklärt, sei der fantastische Schweizer Film zwar kein Genre mit eigenen Codes und Konventionen, blicke aber auf einen bewegte Geschichte zurück. Fantastische Elemente tauchen im Verlauf der Jahre sowohl in klassischen Werken auf – wie «Die ewige Maske» von Werner Hochbaum (1935), «La Paloma» von Daniel Schmid (1974) – aber auch in den Experimenten avantgardistischer Filmemacher wie «Macao» von Clemens Klopfenstein (1988) und «Marthas Garten» von Peter Liechti (1991).

Die prägendsten Schweizer Regisseure nutzten den fantastischen Film als Forschungsfeld: Daniel Schmid, Fredi M. Murer, Jean-Louis Roy, Clemens Klopfenstein, aber auch Alain Tanner und Jean-Luc Godard. Ab den 90er-Jahren übernahm nach und nach eine junge, mit diversen Einflüssen gespiesene Generation, die das Erbe umformulierte oder sich bewusst davon distanzierte. Rund 30 zwischen 1930 bis 2005 entstandene Werke zeigen, wie sich die Schweizer Filmemacher dem fantastischen Film genähert haben. Die permanente Neubelebung des Genres wird mit einigen aktuellen Filmen wie «L’enfance d’Icare» von Alex Iordachescu, «Cargo» von Ivan Engler und Ralph Etter oder «Tannöd» von Bettina Oberli unterstrichen. Die Ansätze werden an Konferenzen und Debatten mit renommierten Gästen thematisiert. Anlässlich einer Galaveranstaltung am 8. Juli werden die Young Gods einen fantastischen Film aus der Schweiz live vertonen.

Die Retrospektive läuft unter dem Titel «Sogo Ishii: 100’000 Volt Punk Cinema». Sogo Ishii gehöre zu den wichtigsten Erneuerern des japanischen Kinos. Mit seinem ersten, auf 8mm gedrehten Film «Panic in High School» schloss er seinen Kurs am Nihon University College of Art ab. Danach perfektionierte er seine Kunst weitgehend als Autodidakt und liess sich von Punkmusik inspirieren. Durch «Angel Dust», «Labyrinth of Dreams», «Gojoe» oder «Electric Dragon 80’000 Volts» verschaffte sich der umtriebige Regisseur internationale Ankerkennung. Mit hyperaktiver Kamera, stilisierter Gewalt und ästhetisch ausgefeilten Einstellungen pulsieren die Filme von Sogo Ishii zum Rhythmus von Punk und Untergrundkultur. Als Gründungsmitglied diverser Bands stellt er die Musik in den Dienst seiner atypischen und stilbildenden Inszenierungen.

Der Fokus ist auf fantastische Filme aus Québec gerichtet. Das NIFFF stellt die Frage, ob ausgerechnet Québec die verheissene Provinz wäre, wo die seltene Verschmelzung von Hollywood mit dem Autorenfilm gelingt? Mit einem halben Dutzend Spielfilmen und einem Kurzfilmprogramm dokumentiert das NIFFF eine Filmkultur, die man bei uns kaum wahrnimmt, obwohl sie nach Frankreich die zweitgrösste französischsprachige Filmproduktion aufweist. Das exklusive Programm gibt Einblick in eine dynamische und originelle Kinowelt.

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