«Into the Woods» von Rob Marshall

Careful the things you say, children will listen.

Im dunklen Wald lauern düstere Gefahren. Doch das Risiko kann auch eine verlockende Herausforderung sein. Wie aber lassen sich kleine Kinder davon abhalten, dass sie sich im Wald verirren? Man erzählt ihnen Märchen über einen bösen Wolf oder eine fürchterliche Hexe. Das Motiv der Märchen über dunkle Wälder hat James Lapine (Handlung) und Stephen Sondheim (Musik, «Sweeney Todd») zum unwiderstehlich charmanten Musical «Into the Woods» inspiriert. Das wurde von Regisseur Rob Marshall («Pirates of the Caribbean: On Stranger Tides») mit viel Schwung und einer wundervoll leidenschaftlichen Besetzung für die Leinwand verfilmt.

Lapine und Sondheim siedelten ihr Musical in einem Dorf an, in dem ganz viele Personen einen Wunsch haben. Cinderella (Anna Kendrick, «Up in the Air») möchte zum Ball des Prinzen, doch ihre Stiefmutter (Christine Baranski, «Mamma Mia!») versucht das zu verhindern. Der Bauernjunge Jack (Daniel Huttlestone) wünscht sich, dass seine Kuh Milch gibt. Rotkäppchen (Lilla Crawford) stiehlt Brot beim Bäcker (James Cordon), um es ihrer Grossmutter zu bringen. Der Bäcker und seine Frau (Emily Blunt, «The Devil Wears Prada») wünschen sich schon lange ein Kind. Rapunzel (Mackenzie Mauzy) würde endlich gerne die Welt erkunden. Und die hässliche Hexe (Meryl Streep, «The Devil Wears Prada», «Mamma Mia!») möchte wieder hübsch sein.

Damit sie ihr früheres Aussehen wiedererlangt, verlangt sie vom Bäcker, auf dem ein Fluch von ihr lastet, dass er ihr vier Gegenstände beschafft: eine Kuh so weiss wie Schnee, ein Mantel so rot wie Blut, Haar so gelb wie Mais, und Schuhe so pur wie Gold. So macht er sich auf den Weg in den Wald, wo auch Rotkäppchen, Cinderella, Jack mit seiner Kuh, ein Wolf (Johnny Depp, «Pirates of the Caribbean: On Stranger Tides») und zwei Prinzen (Chris Pine, «Star Trek», und Billy Magnussen) unterwegs sind. Ihre Wege kreuzen sich immer wieder, und dabei wird die Konstellation von Suchenden und Findenden immer wieder durcheinander gewirbelt.

Das Musical «Into the Woods» ist einerseits eine liebevolle Hommage an einige zauberhafte Märchen, andererseits aber auch eine ordentlich ironische und selbstreferentielle Analyse der Mechanismen in diesen Märchen. So ist Cinderella nach ihrer ersten Flucht vor dem Prinzen (der Ball dauert drei Nächte) alles andere als begeistert vom «very nice prince». Bei der letzten Flucht überlegt sie sich, wie nun die Falle des Prinzen zu deuten ist und wie sie darauf reagieren soll. Besonders unkonventionell gibt sich Rotkäppchen, dass in der ersten Szene ganz unverschämt den Bäcker bestiehlt und dabei auch noch einen Korb verlangt. Ein Genuss ist auch die Hexe, die von ihrem Gemüse schwärmt («you should see my nectarines») und aus Rache für das gestohlene Grünfutter einen kleinen Fluch ausspricht. Wer zudem auf ein «Und sie lebten glücklich, bis ans Ende ihrer Tage» wartet, wird enttäuscht werden. Das Musical reflektiert nämlich auch diese Erwartung an Märchen.

Primär ist «Into the Woods» aber vor allem eine mitreissende, poetische Gesangslawine. Die Texte von Sondheim sind voller fantastischer Alliterationen und anderen Lautmalereien, die zwischendurch einfach überwältigend sind. Etwa wenn sich die Mutter von Jack (Tracey Ullman) über die langsam vor sich hinserbelnde weisse Kuh beklagt: «There’s a lump on her rump, big enough to be a hump. We’ve no time to sit and dither while her withers wither with her.» Oder wenn der Prinz bei einem Seitensprung frech trällert: «Life is often so unpleasant. You must know that, as a peasant. Best to take the moment present.» Köstlich sind auch die beiden Prinzen, die in einem Duo voller Schmalz über die Schmerzen der Liebe singen («Agony»). Die illustre Besetzung stürzt sich mit vollem Einsatz in die sprachlichen und gesanglichen Herausforderungen. Das stimmungsvolle Bühnenbild rundet diese perfekte Kombination ab.

Fazit: «Into the Woods» ist ein stets bezauberndes und rundum vergnügliches Musical über die unsterbliche Anziehungskraft und die unausweichlichen Gefahren von Märchen.

Bewertung: 6 Sterne

(Bilder: © The Walt Disney Company Switzerland. All Rights Reserved.)

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