«The Big Bang Theory» von Chuck Lorre & Bill Prady

Jim Parsons, Kaley Cuoco und Johnny Galecki in «The Big Bang Theory»

I don’t know what the protocol is here.

Eine Fernsehserie, deren Titellied von den Barenaked Ladies geschrieben wurde und gesungen wird, kann vermutlich gar nicht schlecht sein. Für die Bestätigung dieser Behauptung ist momentan aber die Datenlage noch ein wenig unzureichend. Bisher haben die Jungs aus Kanada lediglich das Titellied für «The Big Bang Theory» komponiert. Immerhin lässt sich daher schon einmal feststellen, dass die erste Staffel dieser Sitcom mit einem Titellied der Barenaked Ladies unheimlich witzig und scharfsinnig ist.

Leonard Hofstadter (Johnny Galecki) und Sheldon Cooper (Jim Parsons) sind die beiden Hauptfiguren. Sie sind Wissenschaftler in Experimentalphysik bzw. Theoretischer Physik, haben einen kombinierten IQ von 360 und wohnen gemeinsam in einer Wohnung im dritten Stock eines Hauses, in dem der Lift ausser Betrieb ist. In der ersten Folge erhalten sie auf dem gleichen Stock eine neue Nachbarin, die niedliche Blondine Penny (Kaley Cuoco), die als Kellnerin in einem auf Quarktorten spezialisierten Restaurant arbeitet. Vor allem Sheldon ist durch seine hohe Intelligenz selten in der Lage, sich für Penny verständlich auszudrücken, die primär zwei Funktionen erfüllt: 1. sexueller Reiz durch für gewöhnlich tiefe Ausschnitte, bauchfreie Tops und meist sehr kurze Shorts oder Röcke. 2. ein unerreichbares Liebesziel für den schüchternen Leonard. Witzig und schlagfertig ist sie aber auch.

Kaley Cuoco, Johnny Galecki und Jim Parsons in «The Big Bang Theory»

Wer seinen Wortschatz erweitern möchte, erhält vor allem durch die Ausdrucksweise von Sheldon ausreichlich Gelegenheit dazu. Als Penny in der ersten Episode verrät, dass sie im Sternzeichen Schütze geboren wurde und Leonard und Sheldon dadurch schon mehr mehr über sie wissen, als sie möchten, erwidert Sheldon: «Yes, it tells us that you participate in the mass cultural delusion that the sun’s apparent position relative to arbitrarily defined constellations at the time of your birth somehow affects your personality.» Wenn Penny die Aussage verstehen würde, wäre sie vermutlich beleidigt. Besonders rücksichtvoll ist Sheldon selten, denn sein Leben ist wie seine Thesen und Theorien durch Logik und Beweise kontrolliert. Von Sarkasmus, Einfühlungsvermögen und ähnlichen sozialen Gepflogenheiten hat er keine Ahnung. Dafür hat er einmal den genialen Geistesblitz, Leucht-Tampons zu entwickeln.

Die besten Kollegen von Leonard und dadurch auch von Sheldon sind der Raumfahrtingenieur Howard Wolowitz (Simon Helberg) und der aus Indien stammende Astrophysiker Rajesh Koothrappali (Kunal Nayyar). Sie sind häufig in der Wohnung von Leonard und Sheldon anzutreffen, hauptsächlich für Computerspiele («Halo», «World of Warcraft»), gewöhnliche Spiele («Jenga», «Klingon Boggle») oder für die Betrachtung von Comic-Verfilmungen oder Science-Fiction-Serien («Superman», «Battlestar Galactica», «Doctor Who»). Howard hat eine Schwäche für hübsche Frauen, vertreibt sie aber meistens bereits durch seine anzüglichen Sprüche. Das gegenteilige Problem hat Raj, dem es in Gegenwart von hübschen Frauen die Sprache verschlägt – es sei denn, er ist angetrunken.

Jim Parsons, Kunal Nayyar, Johnny Galecki und Simon Helberg in «The Big Bang Theory»

Die Serie lebt vor allem davon, dass die vier Wissenschaftler zwar ausserordentlich intelligent, aber trotzdem nicht wirklich ausreichend ausgestattet sind, um in der «wirklichen Welt» zu überleben oder sich zumindest niemals fortpflanzen werden – obschon erstaunlicherweise drei von ihnen in der ersten Staffel Sex haben. Ihre Unzulänglichkeit in vielen, hauptsächlich zwischenmenschlichen Situationen wird vor allem darauf zurückgeführt, dass sie jeden Sachverhalt ein wenig über-analysieren, ihnen dazu aber oftmals die notwendigen Instrumente fehlen. Ein Beispiel aus der ersten Folge, in der Leonard und Sheldon auf dem Weg zum Ex-Freund von Penny sind, um ein Fernsehgerät zurückzufordern:

Sheldon: «I really think we should examine the chain of causality here. Event A: A beautiful women stands naked in our shower. Event B: We drive half-way across town to retrieve a television set from the aforementioned women’s ex-boyfriend. Query: On what plane of existence is there even a semi-rational link between these events?»
Leonard: «She asked me to do her a favour, Sheldon.»
Sheldon: «Ah yes, that may be the proximal cause of our journey but we both know it only exists in contradistinction to the higher-level distal cause.»
Leonard: «Which is?»
Sheldon: «You think with your penis.»
Leonard: «That’s a biological impossibility, and you didn’t have to come.»

Dieser Austausch lässt schon erkennen, dass die Drehbuchautoren von dieser Fernsehserie sich nicht wirklich darum kümmern, ob das Publikum jedes Wort oder jeden Satz versteht. Eine angenehme Ausnahmeerscheinung in der Landschaft von Fernsehserien, die sonst meist eher verflachende Ansprüche an die Zuschauer stellen. Die Pointen sind aber dennoch meist ohne allzu vertiefte Fähigkeiten verständlich. Daneben werden auch jede Menge Fachbegriffe und Theorien aus der Physik verwendet. Das führt auch dazu, dass in der letzten Episode leicht nachvollziehbar ein zentrales Element aus «A Serious Man» erklärt wird, nämlich das Experiment mit Schrödingers Katze. Eine weitere Verbindung zur Komödie von Joel und Ethan Coen ist übrigens Simon Helberg, der in «A Serious Man» den jungen Rabbi spielt.

Die erste Staffel von «The Big Bang Theory» enthält eine köstliche Ansammlung von menschlichen Eigenarten. Um sich mit den Figuren zu identifizieren und dadurch in den vollen Genuss des Humors zu kommen, ist es vermutlich von Vorteil, wenn man selbst ein paar zwanghafte Eigenschaften hat oder sich zumindest beiläufig ein wenig in der Welt von Comics, Science-Fiction und Physik auskennt. Die Figuren sind natürlich heftig überzeichnet, aber dennoch ausreichend in der Realität verankert, dass sich häufig ein Wiedererkennungseffekt einstellt. Höchstnoten verdient die Serie für die Momente, in denen die Absurdität des Lebens genüsslich seziert wird. Einige Situation nützen sich jedoch ein wenig zu schnell ab.

Am Ende des Abspanns von jeder Folge erscheint übrigens eine sogenannte «Vanity Card» von Produzent Chuck Lorre, auf der er über irgendeine Nebensächlichkeit philosphiert. Die «Vanity Card» aus der ersten Folge ist unten abgebildet, die übrigen sind auf der Website von Lorre nachzulesen.

Bewertung: 5 Sterne
Bild-/Tonqualität: 5 Sterne
Bonusmaterial:
1 Stern

(Bilder: © Warner Bros. Entertainment Inc.)

«Vanity Card» von Produzent Chuck Lorre

3 comments

  1. Oh, die Vanity Cards sind mir noch gar nicht aufgefallen, das muss ich mal nacholen!

    Aber ja, die Serie ist köstlich und auch wenn ich der Physik als Gegenteil der Mathematik eher skeptisch gegenüber stehe, so amüsiere ich mich doch jedes Mal sehr 🙂

    Stichwort Barenaked Ladies: Two Guys and a Girl and a Pizza Place!

  2. Soweit ich das erkennen kann, kommen BNL in «Two Guys, a Girl and a Pizza Place» nur in der Episode «Two Guys, a Girl and Barenaked Ladies» vor. Ausserdem gibt es die Serie noch nicht auf DVD. Die Folgen, die ich vor etlichen Jahren gesehen habe, gefielen mir.

  3. Hm, dann habe ich das falsch in Erinnerung. Die Serie lief eine Zeitlang mal auf Comedy Central und wegen Nathan Fillion habe ich da öfter mal reingesehen.

Leave a comment